Tausende Menschen legen bei Warnstreik in Hamburg Arbeit nieder

Stand: 24.03.2023 08:20 Uhr

"Wir sind das Gold der Stadt" - unter diesem Motto rief die Gewerkschaft ver.di für Donnerstag erneut zum Warnstreik im öffentlichen Dienst auf. Wichtige Bereiche des Lebens wurden weitgehen lahmgelegt. Ein Überblick.

Ver.di hatte alle Hamburger Beschäftigten und Auszubildenden im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes dazu aufgerufen am Donnerstag ganztägig die Arbeit niederzulegen und stattdessen auf die Straße gehen. Dabei geht es um mehrere Tausend Beschäftigte.

Polizei zählt rund 5.000 Streikende

Die Streikenden hatten sich um 9 Uhr zu einer Kundgebung auf dem Rathausmarkt getroffen. Im Anschluss zogen sie in einem Demonstrationszug durch die Innenstadt zum Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof. Dort fand im Anschluss eine Abschlusskundgebung statt. Nach Angaben der Polizei waren rund 5.000 Menschen an der Kundgebung und dem Aufzug beteiligt. "Rund 6.000 Menschen haben die Arbeit niedergelegt. Das hat unsere Erwartungen übertroffen, das muss man deutlich sagen", so der stellvertretenden ver.di-Landesbezirksleiter Ole Borgard am Donnerstag.

VIDEO: Warnstreik-Tag: Kundgebung am Rathaus (1 Min)

Notbetreuung in Kitas und nachmittags an Schulen

Bestreikt wurden erneut die Asklepios Krankenhäuser und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Hier dauert der Warnstreik auch am Freitag noch an. Die Elbkinder-Kitas boten nur zum Teil einen Notbetrieb an. Viele der fast 200 Kitas des größten städtischen Trägers blieben geschlossen. Privat geführte Kitas hingegen sind vom Warnstreik nicht betroffen. Betroffen war aber auch die Nachmittagsbetreuung in einigen Schulen.

Eingeschränkte Müllabfuhr und geschlossene Recyclinghöfe

Bei der Stadtreinigung soll der Warnstreik sogar bis zum Sonntag gehen. Dadurch kommt es zu Einschränkungen bei der Abfuhr des Mülls. Wo eine Notdienstvereinbarung vorliegt - wie für Kliniken oder Pflegeeinrichtungen -, wird der Müll abgeholt. Die am Donnerstag und Freitag ausfallenden Leerungstermine werden vermutlich in der kommenden Woche nachgeholt. Außerdem werden bis zum Ende der Woche nur drei von zwölf Recyclinghöfen öffnen und zwar in Billbrook, in Neugraben-Fischbek und in Sasel. Diese drei Recyclinghöfe bieten bis Sonnabend jeweils von 8 bis 17 Uhr einen eingeschränkten Notbetrieb an. Die Abfuhr der gelben Wertstoffsäcke und -tonnen ist laut Stadtreinigung nicht vom Warnstreik betroffen. Mehr Informationen findet man auf der Internetseite des Unternehmens.

VIDEO: Warnstreik: Öffentlicher Dienst fordert Lohnerhöhung (1 Min)

Staatsoper ohne gewohnte Kulisse

Die Staatsoper hatte im Vorwege angekündigt, dass die Aufführung von "Il Turco in Italia" am Donnerstag "semi-konzertant" stattfinden wird, das heißt: unter anderem ohne das gewohnte Bühnenbild, aber mit Kostümen und Szenischem Spiel. Bereits gekaufte Eintrittskarten würden ihre Gültigkeit behalten, könnten aber auch - je nach Verfügbarkeit - gegen Karten für die Vorstellung am 26. März getauscht werden.

Warnstreik auch am Flughafen Hamburg

Auch der Hamburger Flughafen wurde wegen des Tarifkonflikts im öffentlichen Dienst am Donnerstag bestreikt. Denn auch hier werden einige Beschäftigte nach diesem Tarifvertrag bezahlt. Das betrifft laut ver.di Beschäftigte der Flughafengesellschaft, der Instandhaltung, Informationstechnik, Parkraumbewirtschaftung und Bordkartenkontrolle sowie die Tarifbeschäftigten der Bundespolizei. Der Streik ist bereits am späten Mittwoch mit der Nachtschicht gestartet und soll 24 Stunden dauern. "Der Betrieb ist ganz normal angelaufen. Aktuell gehen wir davon aus, dass dies auch so bleiben wird", sagte eine Flughafensprecherin am Donnerstagmorgen dazu.

Streikende Lotsenversetzer - Containerschiffe fuhren nicht

Für rund 44 Stunden wirkte sich der Warnstreik auf den Hamburger Hafen aus. Lotsenpflichtige Schiffe konnten Deutschlands größten Hafen seit Mittwoch weder anlaufen noch verlassen, teilte die Hafenverwaltung HPA mit. Der Grund: Lotsenversetzboote wurden bestreikt und die Lotsen gelangten nicht mehr zu den großen Schiffen. Seit Freitagmorgen ist die Tideelbe wieder freigegeben.

Gewerkschaft und Arbeitgeber liegen weit auseinander

Im öffentlichen Dienst beim Bund und den Kommunen gibt es bundesweit etwa 2,5 Millionen Beschäftigte. Für sie fordert ver.di 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die Arbeitgeberseite bietet bisher fünf Prozent mehr Geld in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2.500 Euro.

Ver.di: Viele unzufriedene Beschäftigte

Die hohe Beteiligung am flächendeckenden Warnstreik von ver.di in Hamburg zeige, dass viele Beschäftigte unzufrieden sind, sagte Borgard. "Man merkt, dass da besonders viel Druck auf dem Kessel ist aufgrund der hohen Preissteigerungen. Wir merken das auch bei den vielen Neuaufnahmen. Viele Kollegen haben festgestellt, dass es Sinn macht, in diesen schweren Zeiten nicht allein zu bleiben."

Erneuter Streik im Gesundheitswesen am Freitag

Am Freitag wollten dann wieder Beschäftigte der Asklepios-Kliniken und des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) die Arbeit niederlegen, um Druck auf die Arbeitgeber zu machen. Es gebe aber Notdienstvereinbarungen, sodass die medizinische Grund- und Notfallversorgung sichergestellt werden könne.

Nächste Verhandlungsrunde Ende März in Potsdam

Mit den Warnstreiks wollen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihren Forderungen vor der nächsten Verhandlungsrunde weiter Nachdruck verleihen. Die dritte Runde ist vom 27. bis 29. März in Potsdam geplant. "Die Gehälter im öffentlichen Dienst sind seit Februar 2021 um 3,2 Prozent gestiegen - die Preise im gleichen Zeitraum um über 13 Prozent. Eine entsprechende Erhöhung ist deshalb unbedingt nötig, besonders für die Beschäftigten in niedrigen und mittleren Entgeltgruppen", sagte Landesbezirksleiterin Sandra Goldschmidt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 23.03.2023 | 16:00 Uhr

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Tarifpolitik

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