Verfassungsschutz: Islamistische Szene wächst in Hamburg
Hamburg will verstärkt gegen Islamismus im Netz vorgehen. Der Verfassungschutz hat dafür eine neue Spezialeinheit gegründet. Das sagte Innensenator Andy Grote (SPD) am Montag bei der Präsentation des aktuellen Verfassungsschutzberichts für Hamburg.
Laut des Berichts wurden in Hamburg 2022 1.755 Personen dem Islamismus zugeordnet, 1.450 davon gelten als gewaltorientiert, 490 davon waren Salafisten. Verfassungsschutz wirke, so der Innensenator. Der Beleg: In den vergangenen Monaten konnten in Hamburg mehrere Islamisten verhaftet werden, die Anschläge vorbereitet haben sollen. Um die Wirkung noch zu verstärken, wird eine neue Spezialeinheit die Aktivitäten radikaler Islamistinnen und Islamisten im Netz noch intensiver beobachten.
Grote bekräftigt Kritik am Islamischen Zentrum Hamburg
Das Islamische Zentrum Hamburg, das die Blaue Moschee betreibt, bezeichnete Grote erneut als Organ des Regimes im Iran - trotz einer Klage des IZH gegen solche Aussagen vor dem Verwaltungsgericht. Erst in der vergangenen Woche waren bei einer bundesweiten Razzia sieben mutmaßliche Unterstützer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) festgenommen worden. In die Ermittlungen waren offenbar auch Erkenntnisse des Hamburger Verfassungsschutzes eingeflossen.
Gefahr durch Rechtsextremismus
Die größte Gefahr sieht der Innensenator aber im Rechtsextremismus: Die Szene sei in Hamburg zwar schwach, ihre Reichweite im Internet aber groß. Für das Jahr 2022 geht der Verfassungsschutz von 380 Personen in der rechtsextremen Szene aus, darunter auch 130 gewaltbereite Personen. Die Zahl der sogenannten Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker nimmt demnach zu. Sie stieg zwischen 2017 und 2022 von 130 auf 340 Personen.
Grote: "Extremisten profitieren von Krisen"
Laut Grote profitieren Extremisten dabei von Krisen. "Bei den Verschwörungsideologen geht es im Grunde genommen darum, dass unterschiedliche Inhalte gewählt werden, um dieselbe Geschichte zu erzählen. Nämlich, dass der Staat untauglich ist in seinen Strukturen, in seiner demokratischen Verfasstheit, um die Probleme zu lösen." Das habe man schon in der Corona-Pandemie gesehen, nun gebe es einen thematischen Schwenk zum russischen Angriffskrieg. Es würden pro-russische Erzählungen verbreitet, mit der Zielrichtung, die Energiekrise und die Preissteigerungen seien nur Ergebnisse falscher Politik, ergänzte der Innensenator.
Linksextremistische Szene mit neuer Strategie
Auch die linksextremistische Szene sei nach wie vor aktiv. Laut dem Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz, Torsten Voß, gibt es einen Strategiewandel. Die Szene würde weniger Straftaten auf Demonstrationen begehen, dafür aber stärker gezielt Einzelpersonen attackieren. Angesichts der jüngsten Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem Dresdner Urteil gegen die Studentin Lina E. ist die Entwicklung der linksextremen Szene auch in Hamburg von Interesse.
Wegen des Angriffskrieges in der Ukraine und des russischen Konfrontationskurses gegen Nato und EU spielt auch die Cyberspionage eine zentrale Rolle im neuen Jahresbericht. 2022 wurden 142 Fälle von Cyberspionage gezählt, 2021 waren es 123 und 2020 60 Fälle.