Stefan Hensel bleibt Hamburgs Antisemitismusbeauftragter
Stefan Hensel bleibt der Hamburger Antisemitismusbeauftragte. Darauf hat sich der rot-grüne Senat verständigt. Hensel übernimmt das Ehrenamt für weitere drei Jahre. Im Interview mit NDR 90,3 zieht er eine Zwischenbilanz.
Für Hensel ist es eine Herzensangelegenheit, das Amt weiterzuführen, obwohl es auch immer wieder Gegenwind und Anfeindungen gibt. "Es wäre kein guter Zeitpunkt, um aufzuhören. Wir haben einiges geschafft, und gerade nach dem 7. Oktober 2023 wäre ich unruhig, wenn ich nicht dazu beitragen könnte, die Welt ein Stückchen besser zu machen", sagte er NDR 90,3. Als Erfolg wertet der 44-Jährige unter anderem, dass der Kampf gegen Antisemitismus nun Teil der Hamburger Verfassung geworden ist.
Jugendaustausch gegen Vorurteile
Neben dem Wiederaufbau der Bornplatz-Synagoge sieht Hensel den Jugendaustausch als wichtiges Thema, um Vorurteile abzubauen. "Wenn ich mit einem Juden Fußball gespielt habe, ist es danach sehr schwer in Stereotype zu fallen. Man fängt an zu differenzieren", sagte Hensel. Das würden viele Studien belegen. Grundsätzlich müsse es darum gehen, dass Vielfalt in Hamburg auch immer jüdisches Leben mit einschließen müsse.
Sorgenkind Schule
Irritiert ist Hensel, dass er seit dem 7. Oktober 2023, dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel und dem folgenden Krieg, nicht mehr zu Gesprächen in Hamburger Schulen eingeladen wird. "Es wirkt ein bisschen so, als hätte Schulen Angst vor der Kontroverse. Und das macht mir ernsthaft Sorgen. Denn wo, wenn nicht an Schulen, lernen wir zu diskutieren und unterschiedliche Meinungen auszuhalten." Auch muslimische und palästinensisch-stämmige Schülerinnen und Schüler müssten ihre Meinung sagen können, denn nur in diesem Dialog können man herausfinden, was für das Zusammenleben in der Stadt notwendig ist, sagte Hensel.
Mehr Bayern wagen
Im Vergleich mit anderen Antisemitismusbeauftragten in Deutschland würde Hensel sich ein bisschen mehr bayerische Verhältnisse wünschen. "Was in Bayern an Förderung von jüdischem Leben, um Antisemitismusprävention und um Austauschprogramme läuft, sticht in Deutschland hervor. Da denkt man: Wow! Das ist toll."
Weg zum jüdischen Glauben
Stefan Hensel ist der einzige jüdische Antisemitismusbeauftragte. Zum Judentum kam er aber erst vor einigen Jahren. "Ich bin in der DDR in dem Bewusstsein aufgewachsen, kein Jude zu sein." Als 19-Jähriger ging er aus politischem Interesse für die "Aktion Sühnezeichen" nach Israel und in die Palästinensergebiete. "Durch Zufall ist durch einen DNA-Test herausgekommen, dass meine Mutter jüdisch war." Sie war als Waisenkind aus der Sowjetunion gekommen. Nach Rücksprache mit einem Rabbiner ist Hensel dann auch konvertiert, damit auch seine Kinder Teil der Gemeinschaft werden können. Für ihn ist das eine starke Motivation, weiter daran zu arbeiten, dass es möglich ist jüdisches Leben so zu leben, wie Juden denken, dass es gelebt werden soll: "Wir haben keine Alternative!"