Silvester: Einsatzkräfte fordern Konsequenzen nach Angriffen
In der Silvesternacht sind in Hamburg mehrfach Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei mit Böllern und Raketen angegriffen worden. Das sorgt für Diskussionen darüber, ob das Böllerverbot ausgeweitet werden sollte. Die Innenbehörde will das nun prüfen, sagte ein Sprecher NDR 90,3.
Dieses Mal waren Böller und Silvesterraketen rund um die Binnenalster und auf dem Rathausmarkt verboten. Zum nächsten Jahreswechsel könnte das auch an den Landungsbrücken gelten, sagte der Sprecher. Die Innenbehörde wolle sich die Bilanz der Feuerwehr- und Polizeieinsätze in der Silvesternacht noch einmal genau ansehen - zum Beispiel daraufhin, wo die Situation besonders schwierig war. Dann wolle man entscheiden, ob die Zonen in denen Feuerwerk nicht erlaubt ist, erweitert würden. Ob das rechtlich gehe, müsse ebenfalls noch geklärt werden.
"Über ein Böller-Verkaufsverbot diskutieren"
Er persönlich könne sich Silvester gut ohne Böller vorstellen, sagte Sören Schumacher, innenpolitischer Sprecher der SPD in der Bürgerschaft im Gespräch mit NDR 90,3. Schumacher fordert ausdrücklich kein sofortiges Verkaufsverbot für Silvesterböller, sagt aber auch: "Wir sollten zumindest mal darüber diskutieren, ob wir so ein Verbot nicht bundesweit einführen." In anderen Ländern gehe es ja auch ganz ohne Böllern.
CDU: Täter konsequent und hart bestrafen
Gegen ein Feuerwerksverbot ist Dennis Gladiator, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Rathaus. Man könne nicht allen die Freude am Feuerwerk nehmen, weil sich einige kriminell verhielten und Rettungskräfte angriffen. Er findet aber: In solchen Fällen müssten die Täter und Täterinnen konsequent und hart bestraft werden. "Wer Rettungskräfte angreift, der greift uns alle an", so Gladiator.
"Alle Übergriffe müssen öffentlich gemacht werden"
Jan Ole Unger, Sprecher der Hamburger Feuerwehr, sagte dem NDR: "Ich glaube, wir haben ein gesamtgesellschaftliches Problem, wenn Leute, bei denen es darum geht, Menschen in einer Notsituation zu helfen, angegriffen werden." Hamburgs Gewerkschaften von Polizei und Feuerwehr fordern nun Offenheit in der Debatte über die Randalierenden. "Alle Übergriffe müssen öffentlich gemacht werden. Unsere Feuerwehrleute sollen sich bei uns melden", sagte Hamburgs Landesvorsitzender der Deutschen Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG), Jan Kai Heinrich. Seine Forderungen: Opferschutz vor Täterschutz und eine konsequente Strafverfolgung aller Täterinnen und Täter. "Wenn jetzt politisch keine Zeichen gesetzt werden, schwindet das Vertrauen der Rettungskräfte in die Politik," so Heinrich.
GdP: Täter haben oft einen Migrationshintergrund
Deutlich wird der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Lars Osburg. "Unsere Kollegen berichten, dass uns ganz häufig junge Männer mit Migrationshintergrund gegenüberstehen." Das würden Ausweispapiere belegen. Osburg meint, wer das aus politischen Gründen verschweige, der gehe an der Wirklichkeit vorbei und verhindere die Vorbeugung. Es seien oft dieselben Personen, die Probleme machen, zu Silvester seien sie nur zusätzlich alkoholisiert und mit "Waffen" wie Böllern und Raketen ausgestattet, so Osburg. Er wünscht sich Gewalt-Vorbeugung in Schulen und Jugendtreffs. Den Eindruck, bei den Tätern handle es sich oft um Personen mit Migrationshintergrund, bestätigt auch Heinrich.
Polizeibeamte mit Pyrotechnik und Flaschen beworfen
In der Silvesternacht waren mehrere Beamtinnen und Beamte sowie Streifenwagen mit Pyrotechnik und Flaschen beworfen worden, unter anderem in den Stadtteilen Harburg und Hausbruch sowie an der Reeperbahn, an den Landungsbrücken und in der Schanzenstraße. Eine Gesamtzahl der Verletzten konnte die Polizei nicht nennen. Auf St. Pauli bekam ein 51-jähriger Beamter aus einer Gruppe heraus einen Schlag auf den Kopf und wurde mit einer Platzwunde ins Krankenhaus gebracht. Der Beamte sei an einem Einsatz auf dem Dach des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie beteiligt gewesen, hieß es. Eine Gruppe von etwa 15 Personen habe sich dort aufgehalten.
Angriffe auf Feuerwehrleute und Rettungskräfte
Auch Feuerwehrleute und Rettungskräfte wurden angegriffen. Im Stadtteil Schnelsen erlitt ein Feuerwehrmann Verbrennungen, als er und mehrere Kollegen mit Böllern beschossen wurden. Im Stadtteil Niendorf attackierte ein Mann einen Notarzt und einen Sanitäter. In Hausbruch wollte die Freiwillige Feuerwehr einen brennenden Müllcontainer löschen. Eine etwa 50-köpfige Gruppe habe das Löschfahrzeug mit Böllern beworfen und mit Raketen beschossen. Die Feuerwehrleute hätten sich zurückgezogen. Erst eine geschlossene Einheit der Polizei habe die Lage beruhigen können, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün.
Zeugen gesucht nach Attacke auf drei HVV-Busse
In dem Bereich wurden auch gegen ein Uhr nachts drei Linienbusse des HVV attackiert. Die teils mit Fahrgästen besetzten Busse seien aus einer Gruppe von bis zu 20 Personen heraus mit Pyrotechnik an der Ecke Neuwiedenthaler Straße / Stubbenhof beschossen und beworfen worden, teilte die Polizei mit. Zudem seien die Fahrer mit Laserpointern geblendet und vorgehaltenen Schreckschusswaffen zum Halten gezwungen worden. An den Fahrzeugen gingen laut Polizei Fensterscheiben zu Bruch, ein Busfahrer musste wegen Augenschmerzen ins Krankenhaus gebracht werden. Die Fahrgäste seien unverletzt geblieben.
Bundesweit Forderungen nach Konsequenzen
Bundesweit fordern Vertreterinnen und Vertreter von Feuerwehr und Polizei nach Übergriffen auf Rettungskräfte Konsequenzen, wie eine Kameraüberwachung ihrer Einsätze und ein generelles Böllerverbot. Auch in Städten wie Berlin hatte es in der Silvesternacht Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben. Der Bundestag hatte 2017 die Strafen für Übergriffe auf Rettungskräfte verschärft - auf bis zu fünf Jahre Haft.
Schon vor Corona Verbotszone in der Innenstadt
Rund um die Binnenalster und auf dem Rathausmarkt waren dieses Mal Böller und Raketen verboten - weil die Polizei schon damit gerechnet hatte, dass die Silvesterfeierlichkeiten wieder so werden wie vor der Pandemie. Die Verbotszone gab es nicht zum ersten Mal. Auch 2019 schon hatte die Polizei Böller und Raketen rund um die Binnenalster verboten. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer hatten das damals damit begründet, dass gerade dort immer wieder Menschen durch Feuerwerkskörper verletzt wurden. In den folgenden zwei Jahren galt wegen der Corona-Pandemie in Hamburg ein generelles Böllerverbot.