Stand: 15.10.2013 18:46 Uhr

Lampedusa-Flüchtlinge: Hardliner machen mobil

von David Hohndorf, Elena Kuch, Linda Luft

Die Flüchtlinge in der St.Pauli-Kirche in Hamburg sind verunsichert. Rund um das Gotteshaus, in dem rund 80 afrikanische Flüchtlinge seit über einem halben Jahr Zuflucht gefunden haben, haben sich Polizisten in Zivil postiert. Sie beobachten das Gelände. Die Flüchtlinge reagieren verängstigt. Einige trauen sich nicht mehr auf die Straße. "Wir sind keine Kriminellen, warum werden wir so behandelt?" äußert ein Flüchtling Panorama 3.

VIDEO: Lampedusa-Flüchtlinge: Hardliner machen mobil (6 Min)

Die Polizisten sind Teil der neuen Hamburger Strategie gegenüber den Flüchtlingen. Hatte die Stadt bisher die Forderung, sich zu melden und registrieren zu lassen, nur stetig wiederholt, so setzt sie seit einigen Tagen Polizisten ein, um die Flüchtlinge aufzuspüren. In der Woche, in der im Mittelmeer Hunderte Flüchtlinge ertrinken und Tote an Lampedusas Küsten anlanden, suchen Beamte in Hamburg Treffpunkte der Männer auf, kontrollieren Schwarzafrikaner auf Straßen und Plätzen. Und der Hamburger Innensenator Michael Neumann will seine harte Linie gegenüber den Lampedusa-Flüchtlingen offenbar fortsetzen. Nach Informationen, die Panorama 3 vorliegen, kam es am Dienstag im Stadtteil St Pauli zu weiteren Kontrollen von Flüchtlingen durch die Polizei.

Lösung nicht in Sicht

Mindestens 300 Flüchtlinge sind seit Anfang des Jahres über die italienische Insel Lampedusa nach Hamburg gekommen. Sie haben nach eigenen Aussagen großenteils in Libyen gearbeitet und mit dem Lohn ihre Familien in Ghana, Togo und anderen afrikanischen Staaten unterstützt. Dann kam der Krieg und sie flohen über das Mittelmeer nach Italien. Doch in Italien hatten sie keinerlei Chance auf Arbeit und eine menschenwürdige Unterkunft und so suchten sie ausgestattet mit italienischen Papieren und 500 Euro in bar den Weg nach Hamburg.

Hamburg wiederum beharrt darauf, dass Italien die Flüchtlinge zurücknehmen muss. So sieht es das Dublin2-Abkommen vor. Das Land, in dem die Flüchtlinge an Land kommen, ist für sie auch verantwortlich.

Innensenator verteidigt Polizeikontrollen

Hamburgs Innensenator Michael Neumann in der Hamburger Bürgerschaft © dpa Foto: Bodo Marks
Hamburgs Innensenator Michael Neumann verteidigte die Kontrollen der Lampedusa-Flüchtlinge.

Während dieser Tage nun die Bilder der ertrunkenen Flüchtlinge vor Lampedusa die Diskussion bestimmen, ist Innensenator Neumann bemüht, das Vorgehen von Polizei und Ausländerbehörde als humanitäre Aktion darzustellen: "Ich glaube es ist schon notwendig, dass Menschen die Schutz und Hilfe in Hamburg suchen, ihren Namen nennen", so der Innensenator. "Wir möchten ihnen gerne Unterkunft anbieten, wir möchten ihnen gerne medizinische Versorgung angedeihen lassen."

Sätze, denen der Pastor der St. Pauli-Kirche, Sieghard Wilm, nicht glauben mag. Er sieht darin "eine Rhetorik um die Öffentlichkeit zu beruhigen" und befürchtet den Beginn einer lange geplanten Abschiebung.

 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 15.10.2013 | 21:15 Uhr

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