Kommentar: Unwürdiges Schauspiel seit Amoklauf in Hamburg
Die Hintergründe des Amoklaufs von Alsterdorf, bei dem in einem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas insgesamt acht Menschen ums Leben kamen, sind noch immer nicht geklärt. Doch fast täglich werden neue Details bekannt, bei denen vor allem die Hamburger Sicherheitsbehörden keine gute Figur abgeben. Was muss eigentlich noch passieren, damit dieser Fall Konsequenzen hat? Das fragt sich NDR 90,3 Polizeireporter Ingmar Schmidt in seinem Kommentar.
Erst ging es nur um das Buch, das der Attentäter veröffentlicht hatte, ein wirres, religiöses Manifest, das die Polizisten der zuständigen Waffenbehörde bei einer Überprüfung aber nicht im Internet gefunden hatten. Dann kam heraus, die Beamten kannten das Buch doch, hatten es aber nicht gelesen. Eine Kommunikationspanne, so die Hamburger Polizei. Doch nicht sie selbst gab den Fehler zu, der wurde erst durch eine kleine Anfrage der Linken bekannt.
Immer neue Versäumnisse werden bekannt
Dieses Muster sehen wir jetzt seit Wochen: Immer neue Versäumnisse werden bekannt - ein weiteres Beispiel: Einer der Beamten der Waffenbehörde war selbst früher Schießtrainer im Hanseatic Gun Club, also dort, wo auch der Amokläufer seine Lizenz erworben hatte. Und der Polizist hielt es offenbar nicht für nötig, einen Hinweis zur Gefährlichkeit von Philipp F. weiterzugeben. Auch das teilt uns nicht etwa die Polizei oder die Innenbehörde mit, sondern Journalisten haben es herausgefunden.
Umgang mit Fehlern macht zunehmend sprachlos
Ein Amoklauf mit acht Toten ist eine schlimme Tragödie. Klar ist: Da ist vorher eine ganze Reihe von Fehlern passiert, sonst wäre es nicht so weit gekommen. Nur der Umgang mit diesen Fehlern macht einen zunehmend sprachlos, denn nur häppchenweise kommt alles ans Licht, Polizei und Innenbehörde haben bisher kaum zur Aufklärung beigetragen. Auch CDU und Linke kritisieren vehement diese Salami-Taktik.
Wann äußert sich Tschentscher dazu?
Ich frage mich: Macht sich mal jemand Gedanken darüber, was diese Pannen, die nach und nach bekannt werden, eigentlich bei den betroffenen Familien und Freunden der Opfer auslösen? Und ich frage mich auch: Wann äußert sich eigentlich Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) mal dazu - und wie lange will er sich dieses unwürdige Schauspiel eigentlich noch mit ansehen?