Kommentar: Spitzensportler haben größere Unterstützung verdient
16 Olympia-Tage in Paris gehen langsam zu Ende. Sie waren spektakulär. Tolle Bilder gab es unterm Eiffelturm - und natürlich sportliche Dramen. Wir haben gejubelt über deutsche Medaillen und mitgelitten, wenn es schiefgegangen ist. Unterm Strich aber bleibt aus Sicht des Team Deutschland: Der Minusrekord an Medaillen von Tokio 2021 wird noch einmal unterboten. Der Hamburg-Kommentar von Lars Pegelow.
Ich finde es jedes Mal wieder genial: Ein Turner strahlt nach einer fehlerfreien Olympia-Kür. Ein Tennis-Millionär ist zu Tränen aufgelöst mit der Olympischen Goldmedaille um den Hals. Aber auch das Drama, wenn eine Leichtathletin durch eine Verletzung um vier Jahre Arbeit gebracht wird oder im Schwimmen eine Hundertstel zu einer Medaille fehlt. Auch das gehört zum Sport, zu Olympischen Spielen dazu - und all das hat Paris 2024 geboten.
Frankreich hat enorm in den Spitzensport investiert
Die französische Hauptstadt hat alles getan, um sich selbst und den Sport im besten Licht zu zeigen. In den Sport hat Frankreich dafür enorm investiert. Die Förderung der Spitzenathletinnen und -athleten wurde zuletzt gewaltig gesteigert. Die Sport-Begeisterung ging nach oben - und die Werte, die Sport-Vorbilder verkörpern können, wurden gefeiert - wie das Gemeinschaftsgefühl einer Mannschaft, eines Olympia-Teams, vielleicht sogar eines ganzen Landes.
Spitzensport hat es schwer in Deutschland
Deutsche Athletinnen und Athleten haben auch sehr gute Leistungen gezeigt. Die 3x3-Basketballerinnen haben eine neue Disziplin bekannt gemacht. Viele Mannschaften, Basketball, Handball, Hockey haben uns mitgerissen. Aber: Die guten Leistungen überdecken, dass es Spitzensport in Deutschland sehr, sehr schwer hat. Die Deutsche Sporthilfe zahlt deutschen Top-Athleten und -Athletinnen eine Grundförderung von 800 Euro monatlich. Dazu können weitere kleine Zuschüsse kommen, aber der Betrag bleibt im internationalen Maßstab lächerlich. Leistungssportler und -sportlerinnen müssen ins Risiko gehen, weil die Absicherung fehlt, viele lassen den Sport dann sausen. Das sehen wir auch in Hamburg. Unsere beiden Beach-Volleyballer Nils Ehlers und Clemens Wickler sind Weltspitze. Ansonsten waren internationale Top-Leistungen selten, Sportarten wie Rudern - eine Hamburger Spezialität - geraten langsam ins Hintertreffen.
Lobby des Spitzensports ist zu klein
Zu wenig staatliche Förderung, zu wenig Förderung aus der Wirtschaft. Die Lobby des Spitzensports ist zu klein. Hamburg fördert durch die Active City Sport-Events und den Breitensport. Das ist gut und wichtig und funktioniert, aber es braucht mehr Förderung für den Leistungssport. 1992, bei den ersten Olympischen Spielen nach der Wiedervereinigung, hat Deutschland noch 82 Medaillen geholt. Diese Zahl wurde von Mal zu Mal geringer, in Tokio waren es noch 37. In Paris werden es noch weniger sein - so um die 30. Die kleinen Niederlande haben uns mit ihrem Leistungssport-Konzept inzwischen überholt.
Spitzensportler haben größere Unterstützung verdient
Deutschland will sich wieder um die Ausrichtung Olympischer Spiele bewerben - 2040 vielleicht sogar mit Hamburg. Ich kann mir vorstellen, dass eine erfolgreiche Bewerbung, wie in Frankreich, einen Schub für den Spitzensport bedeuten würde. Aber der Aufruf muss an alle gehen: Lasst uns sofort starten. Leistungs- und Spitzensportler und -sportlierinnen haben eine viel bessere Absicherung und größere Unterstützung verdient. Sie zahlen es uns mit Leistungen, mit Werten und ihrer Vorbildfunktion - vor allem bei Olympischen Spielen, vielleicht sogar in unserer Stadt zurück.