Kommentar: S-Bahn-Pendler baden Versäumnisse der Politik aus
Noch mindestens drei Wochen müssen Pendlerinnen und Pendler in Folge eines Lkw-Brandes unter den Elbbrücken mit überfüllten Bussen, längeren Anfahrtszeiten und Ersatzverkehr leben. Sie baden aus, dass die Anbindung des Hamburger Südens seit Jahren vernachlässigt wurde, meint Susanne Röhse in ihrem Kommentar.
Als Pendlerin aus dem Süden bin ich schon einiges gewohnt - Verspätungen, volle Waggons, Zugausfälle - geschenkt! Das ist Alltag auf der S3 zwischen Neugraben und Hauptbahnhof. Aber so groß wie in diesen Tagen war der Frust der Pendlerinnen und Pendler aus dem Hamburger Süden noch nie. Der brennende Lkw unter der Brücke hat eine der anfälligsten Verkehrsadern der Stadt getroffen: die einzige Schienen-Elbquerung. Ein Nadelöhr.
Verzweifelte Fahrgäste am Bahnsteig
Die Folgen für die Fahrgäste sind dramatisch. Pendelbusse zwischen Wilhelmsburg und Hammerbrook kosten viel mehr Zeit. Wer kann, weicht auf den Metronom aus. Die Folge: überfüllte Bahnsteige in Harburg und am Hauptbahnhof. Viele Menschen sind verzweifelt. Ich habe eine Mutter am Bahnsteig weinen sehen, die mit der Kinderkarre nicht in den übervollen Metronom kam, weil sich Menschen bereits in den Gängen quetschten.
Ersatzverkehr ersetzt S-Bahn nicht
Die Verkehrsbehörde müht sich, das Nahverkehrs-Chaos in den Griff zu bekommen. Beim Ersatzverkehr wird ständig nachgebessert. "Wir haben alle Trassen frei gemacht, die wir finden konnten", sagt Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). Und ja, leichte Verbesserungen sind spürbar: mehr Metronome, mehr Busse oder auch MOIA-Shuttles. Richtig gut ist es noch nicht, das alles sind nur Notmaßnahmen. Die S-Bahn ersetzen sie nicht. Der Weg in die City und zurück bleibt mühsam. Der Frust der Fahrgäste bleibt groß.
Dringlichkeit des Problems aufgezeigt
Klar, dass nach so einem Unfall Reparaturen dauern - einerseits. Andererseits: Wie lange ist schon die Rede davon, die U4 gen Süden zu verlängern? Oder die Gleise über die Norder- oder Süderelbe zu erweitern? Ganz zu schweigen von einer weiteren Elbquerung? Ja, die Verkehrsbehörde ist dran an all diesen Projekten, nicht erst seit dem Lkw-Brand. Planung und Bau dauern aber einfach zu lange.
Dass sich die Verkehrssituation immerhin mittelfristig verbessern wird, ist ein schwacher Trost. Die Folgen des Unfalls zeigen deutlich, wie dringlich das Problem ist. Die Pendlerinnen und Pendler müssen jetzt ausbaden, was die Politik seit Jahren versäumt hat.
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