Keine Hilfe für krebskranke Feuerwehrleute
Mehr als 25 Jahre lang ist Horst Rehder schon Feuerwehrmann in Hamburg. Doch derzeit kann er keine Brände mehr löschen, denn er hat Krebs. Bereits kurz nach der Diagnose fragten ihn die Ärzte, ob er bei seiner Arbeit mit Rauch belastet worden sei. "Ja, 2011 war dieses Feuer, da habe ich ordentlich Rauchgas inhaliert", erzählt Rehder. Für ihn ist klar, der Krebs kommt von seinen Einsätzen als Feuerwehrmann.
Behörden sehen keinen Zusammenhang
Die Behörden sehen keinen Zusammenhang, erklären Rehder, der Krebs könne von überall her kommen. Deshalb ist er gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht gezogen. Es geht um die Anerkennung als Berufskrankheit - und um Geld. Denn wenn Krebs vom Brände löschen kommen sollte, müsste die Feuerwehr den Feuerwehrleuten die Behandlungskosten bezahlen. Zudem gäbe es keine Abschläge, wenn sie aufgrund ihrer Krebserkrankung in den Vorruhestand gingen.
Erhöhtes Krebsrisiko für Feuerwehrleute
Dabei belegen internationale Studien: Feuerwehrleute haben ein erhöhtes Krebsrisiko. Bestimmte Krebsarten wie das Non-Hodgin-Lymphom treten demnach häufiger auf als im Bevölkerungsdurchschnitt. In Teilen der USA, Kanadas und Australiens werden die Feuerwehrleute daher automatisch von ihrem Arbeitgeber unterstützt, wenn sie an Krebs erkranken.
Doch das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ignoriert die Gefahr, so scheint es. Bislang habe jedenfalls kein einziges Fachgremium das Thema behandelt, räumt das Ministerium gegenüber Panorama 3 ein: "Das BMAS beschäftigt sich intensiv mit dem Thema arbeitsbedingtes Krebsrisiko. Allerdings wird der Schutz der Beschäftigten nicht ausschließlich unter dem Blickwinkel Feuerwehrleute betrachtet." Soll heißen, ein besonderes Risiko für die Feuerwehrleute sieht das Arbeitsministerium nicht.
Gefährliche Rauchgase
Grund für das erhöhte Krebsrisiko könnten die giftigen Rauchgase sein, die sich während der Brände bilden. Besonders tückisch: sobald das Feuer gelöscht ist, ist die Gefahr keineswegs gebannt. Denn bei den Verbrennungen entstehen giftige Partikel, die sich auf den Schutzanzügen und den Einsatzgeräten der Feuerwehr absetzen. Sobald die Feuerwehrleute ihre Atemschutzmasken abgelegt haben, können die Partikel eingeatmet werden.
Bei Wohnungsbränden, aber auch bei scheinbar harmlosen Mülltonnenbränden oder einem Autobrand sind viele Plastikstoffe involviert, bei denen Feinstaub entsteht. Der Feinstaub kann auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) transportieren, die teilweise krebserregend sind. Hanns-Rudolf Paur, Leiter der Abteilung Partikeltechnologie am Karlsruher Institut für Technologie, erklärt: "Wenn es stark rußt, findet die typische unvollständige Verbrennung statt, bei der diese PAKs sowie Kohlenmonoxid und auch Dioxine entstehen. Diese Partikel sind sehr giftig."
Verbindliche Schwarzweiß-Trennung gefordert
Olaf Reichelt, Vorsitzender des Berufsverbandes Feuerwehr e.V., fordert deswegen: "Wenn die Kolleginnen und Kollegen aus dem Feuer heraus kommen, dann müssen sie bereits die Schutzbekleidung an der Einsatzstelle ausziehen. Sollte es ein sehr intensiver, langer Einsatz gewesen sein, müssen sie sogar an der Einsatzstelle duschen, denn sonst kann die Kontamination verschleppt werden."
Diese sogenannte Schwarzweiß-Trennung sieht vor, dass die verschmutzte Kleidung von den sauberen Bereichen, etwa den Einsatzfahrzeugen und Feuerwehrwachen, ferngehalten wird. Nach Panorama 3 Recherchen gibt es in Norddeutschland jedoch keine verbindlichen Regeln für die Schwarzweiß-Trennung - und auch keine Vorschriften, wann die Feuerwehrleute ihre Einsatzkleidung waschen müssen.
Horst Rehder fühlt sich von der Feuerwehr komplett allein gelassen: "Wenn man funktioniert, dann ist man gut, dann ist man da und dann läuft das auch alles, aber wenn man mal erkrankt ist, fühlt man sich als Störfaktor."