Industrietauglicher Quantencomputer in Hamburg vorgestellt
Quantencomputer sollen komplexe Berechnungen schneller als klassische Rechner erledigen. Ein erster industrietauglicher Computer dieser neuen Art ist in Hamburg gebaut worden. Er wurde am Donnerstag beim Halbleiterhersteller NXP in Lokstedt der Öffentlichkeit vorgestellt.
Es sei der erste vollständig in Deutschland entwickelte Demonstrator eines Ionenfallen-Quantencomputers, teilte das Unternehmen mit. Bundeskanzler Olaf Scholz und Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) sowie Vertreterinnen und Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aktivierten den leistungsfähigen Rechner symbolisch per Knopfdruck.
Außen unscheinbar, innen leistungsfähig
Gezeigt wurde der Computer am Donnerstag nicht. Er sei sehr empfindlich, hieß es. Von außen betrachtet wirke er unscheinbar, sagte der Technische Geschäftsführer von NXP, Lars Reger. Er sei etwa so groß wie zwei Waschmaschinen. Das Spannende ist drinnen und das Spannende ist auch, wer diesen Quantencomputer entwickelt. Wissenschaft und Industrie arbeiten dabei eng zusammen: das DLR mit NXP und zwei Start-ups, die für Hard- und Software-Entwicklung zuständig sind. "Wir sind so eine Art Quanten-WG", sagte Reger.
Nutzen für zahlreiche Unternehmen
Quantencomputing ermöglicht die Berechnung von Algorithmen, die für heutige Computer zu komplex sind. Dies betrifft etwa Anwendungen zum Beispiel in der Klimaforschung. Wenn der Hamburger Quantencomputer voll in Betrieb ist, sollen Wirtschaftsunternehmen dort Rechenzeit mieten können. Zum Beispiel Pharmafirmen, um umfangreiche Wirkstoffberechnungen für neue Medikamente vorzunehmen. Oder auch Schifffahrtsunternehmen, um ihre weltweiten Routen samt Liegezeiten in den Häfen effektiver gestalten zu können.
Scholz: Quantencomputing von großer Bedeutung
Bundeskanzler Scholz sagte: "Gerade diejenigen Branchen, die bei uns in Deutschland besonders stark vertreten sind, werden besonders stark profitieren. Schon deshalb müssen wir allergrößtes Interesse an der Entwicklung und Anwendung von Quantencomputing haben." In diesem Bereich könne sich Deutschland im internationalen Vergleich sehen lassen, so Scholz. Mit NXP, Bosch, Infineon und weiteren Unternehmen werde Deutschland das Zentrum der Halbleiterindustrie in Europa, sagte Scholz.
Bund fördert Projekt in Hamburg mit 200 Millionen Euro
2021 hatte die Bundesregierung eine Initiative gestartet, die Deutschland auf dem Gebiet der Mikroelektronik nach vorn bringen soll. Die Quantencomputing-Initiative des DLR wird mit mehr als 500 Millionen Euro gefördert, in das Projekt in Hamburg fließen mehr als 200 Millionen Euro, wie der Leiter der Initiative, Robert Axmann, sagte. Ein weiteres Zentrum der Initiative befindet sich in Ulm.