Hamburgs Sozialbehörde räumt Fehler bei Marburg-Virus-Verdacht ein
Vor knapp einer Woche lösten zwei Reisende am Hamburger Hauptbahnhof einen Großeinsatz von Feuerwehr und Polizei aus. Der Verdacht, sie könnten sich mit dem Marburg-Virus infiziert haben, bestätigte sich nicht. Hamburgs Sozialbehörde räumt jetzt aber Fehler beim Umgang mit dem Einsatz ein.
Fachleute, mit denen NDR 90,3 gesprochen hat, kommen zu dem Schluss: Was vor einer Woche passiert ist, war der Realitätscheck für den Ernstfall. Und weil es nicht der Ernstfall war, seien alle mit einem blauen Auge davon gekommen. Was nach Ansicht der Fachleute nötig ist: Eine bessere Kommunikation zwischen den Behörden sowie eine bessere Krisenkommunikation nach außen. Auch eine klarere Kommunikation mit den Betroffenen wäre notwendig.
Flughafen Hamburg stand bereit Betroffenen zu isolieren
Alles war vorbereitet: Der Flughafen Hamburg stand bereit, den Medizinstudenten gleich nach seiner Ankunft zu isolieren. Er war aus Ruanda gekommen und zunächst in Frankfurt gelandet. Doch dann kam er mit dem Zug nach Hamburg - erst als er im Hauptbahnhof war, hatte das zuständige Gesundheitsamt davon erfahren, so die Sozialbehörde.
Aufnahme der Kontaktdaten wurde versäumt
Bei der Aufarbeitung der eingeleiteten Maßnahmen und der dazugehörigen Kommunikation habe sich zum Beispiel herausgestellt, dass - anders als zunächst mitgeteilt - die Kontaktdaten der in dem betroffenen ICE mitreisenden Fahrgäste nicht aufgenommen wurden. Das teilte ein Behördensprecher jetzt der Deutschen Presse-Agentur mit. Der ICE sei zwar im Betriebshof Hamburg-Langenfelde gereinigt worden - jedoch nicht unter Dekontaminationsbedingungen. Deswegen war der Zug in Hamburg-Harburg von der Bundespolizei gestoppt worden. Wegen einer zumindest theoretischen Ansteckungsmöglichkeit sollten sich alle Fahrgäste melden, die in dem Zug die Toiletten genutzt hätten.
Sozialbehörde wollte Kontaktpersonen per Aufruf ausfindig machen
Der Sprecher der Sozialbehörde sagte, die beiden Reisenden seien noch am Abend getestet worden. Die negativen PCR-Ergebnisse lagen dem Bernhard-Nocht-Institut in der Nacht vor und wurden der Sozialbehörde am Morgen um kurz vor 9 Uhr übermittelt, hieß es. Die beteiligten Einsatzkräfte seien noch in der Nacht vom UKE informiert worden. Wären die Tests positiv ausgefallen, wäre die Sozialbehörde noch in der Nacht informiert worden, so der Sprecher. Dann wären über die Daten der Deutschen Bahn sowie über einen öffentlichen Aufruf versucht worden, Kontaktpersonen schnellstmöglich ausfindig zu machen.
Teile des Hauptbahnhofs vorübergehend abgesperrt
Ein Medizinstudent war am 2. Oktober aus Ruanda kommend mit einer Begleitperson in Frankfurt am Main eingereist und mit dem Zug weiter nach Hamburg gereist. In dem ostafrikanischen Land hatte der 27-Jährige nach eigenen Angaben im Rahmen seines Studiums zwei Mal Kontakt zu einem mit dem Marburg-Virus infizierten Patienten. Da seine Begleitung aufgrund von zur Krankheit passenden Symptomen auf dem Heimweg fürchtete, dass sie sich über ihn eventuell mit dem Virus infiziert habe, meldete er sich bei Ärztinnen und Ärzten in Hamburg. Daraufhin sperrte die Bundespolizei einen Bahnsteig am Hauptbahnhof. Der Student und seine Begleitung kamen noch am Mittwochabend - in einem speziellen Infektionswagen - zur Untersuchung ins Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE).
Behörde: Kein Risiko für Mitreisende
Am Donnerstag teilte die Sozialbehörde dann mit, die beiden seien negativ auf das Marburg-Virus getestet worden. Eine Gefährdung Dritter könne laut Behörde ausgeschlossen werden. Sowohl für die Flugreisenden als auch für die Bahnreisenden habe zu keinem Zeitpunkt das Risiko einer Infektion mit dem Marburg-Virus bestanden.
Verdachtsfälle bleiben unter Beobachtung
Der Medizinstudent soll dennoch vorsichtshalber bis zum Ende der Inkubationszeit von bis zu 21 Tagen beobachtet werden. Nach einem isolierten Verbleib in einem Spezialbereich für hochansteckende Infektionserkrankungen des UKE, plante die Behörde eine häusliche Isolation unter Aufsicht des zuständigen Gesundheitsamtes. Auch die Freundin wurde ein Wochenende lang im UKE beobachtet.
Marburg-Virus: Lange kein Fall mehr in Deutschland
Das Marburg-Virus ist nicht über die Luft übertragbar. Menschen können sich nur anstecken, wenn sie engen Kontakt zu schwer erkrankten Personen oder deren Körperflüssigkeiten haben, wie es beim Robert Koch-Institut heißt. Bei normalen Begegnungen mit Menschen im öffentlichen und privaten Raum bestehe kein Risiko. Das Marburg-Virus kann hohes Fieber und Symptome wie Muskelschmerzen, Bauchkrämpfe, Durchfall und blutiges Erbrechen auslösen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO starben in den bisherigen Ausbrüchen 24 bis 88 Prozent der Erkrankten. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde CDC gab es seit 1967 keinen Ausbruch der Krankheit mehr in Deutschland. Der Erreger trägt den Namen der deutschen Stadt, weil sich dort 1967 Laborangestellte mit dem bis dahin nicht bekannten Virus bei Versuchsaffen infiziert hatten.
Weitere Informationen gibt es im NDR-Podcast "Hamburg Heute":