Grünes Licht für Cosco-Beteiligung an Container-Terminal in Hamburg
Die chinesische Staatsreederei Cosco kann sich am Hamburger Container-Terminal Tollerort beteiligen. Die Bundesregierung hat dem Deal zugestimmt.
Cosco kann nach monatelangem Streit nun doch 24,9 Prozent an dem Hamburger Container-Terminal übernehmen. Die Bundesregierung habe entschieden, die Minderheitsbeteiligung des chinesischen Unternehmens Cosco Shipping Ports Limited am Container-Terminal Tollerort freizugeben, teilte die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) am Mittwoch mit. "Alle Fragen im Rahmen des Investitionsprüfverfahrens konnten gemeinsam in intensiven, konstruktiven Gesprächen geklärt werden", betonte die HHLA.
Die Bundesregierung bestätigte nach eigenen Angaben am Mittwoch in einem Schreiben, "dass die überarbeiteten Kaufverträge im Einklang mit den Bedingungen der Teiluntersagung stehen". Nun könne die HHLA den Terminal zu einem bevorzugten Umschlagpunkt des langjährigen HHLA-Kunden Cosco ausbauen, wo Ladungsströme zwischen Asien und Europa konzentriert würden, erklärte die HHLA.
China größter Handelspartner des Hamburger Hafens
China ist nach HHLA-Angaben derzeit der größte Handelspartner Deutschlands und des Hamburger Hafens. Rund 30 Prozent der Waren, die im Hamburger Hafen umgeschlagen würden, kämen aus China oder gingen dorthin. Die Minderheitsbeteiligung von Cosco sichere damit Beschäftigung und stärke Hamburgs nationale und internationale Bedeutung als Logistikstandort sowie die Industrienation Deutschland. Insgesamt hingen rund 1,35 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland von den Häfen ab.
Cosco wollte ursprünglich höheren Anteil
Cosco wollte ursprünglich 35 Prozent der Betriebsgesellschaft der Container Terminal Tollerort GmbH übernehmen. In der Bundesregierung war jedoch ein heftiger politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Das Kabinett beschloss im Oktober vergangenen Jahres eine sogenannte Teiluntersagung, die nur einen Anteilserwerb von Cosco unter 25 Prozent zulässt. Ein weitergehender Erwerb oberhalb dieses Schwellenwerts wurde untersagt.
Bedenken in Bundesministerien
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich für den Erwerb ausgesprochen. Innerhalb der Bundesregierung hatte es jedoch heftigen Gegenwind gegeben. Das Außenministerium, das Wirtschaftsministerium und andere Ressorts hatten Bedenken zur Entscheidung des Kabinetts geäußert. Der Erwerb erweitere den strategischen Einfluss Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig, hieß es in einer Protokollerklärung Ende Oktober.
Bundeskanzler Scholz setzt sich durch
Um ein neues Prüfverfahren zu starten, hätte man den Kabinettsbeschluss aus dem vergangenen Jahr aufheben müssen, was allerdings nur einstimmig erfolgen kann. Und am Ende hat dann offenbar die Stimme von Bundeskanzler Scholz den Ausschlag gegeben. Deshalb gab wohl auch das Kanzleramt grünes Licht für den Deal und nicht das eigentlich zuständige Bundeswirtschaftsministerium.
Terminal "Betreiber kritischer Infrastruktur"
Die Bundesregierung betonte, das Container-Terminal Tollerort gelte inzwischen als Betreiber von kritischer Infrastruktur gemäß den gesetzlichen Vorgaben. Die Kabinettsentscheidung von Ende Oktober bleibe bestehen. "Die Teiluntersagung von Herbst 2022 bleibt damit rechtsgültig", hieß es.
Hamburger Politiker begrüßen Entscheidung
Die Reaktionen in Hamburg fielen überwiegend positiv aus. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte, es sei wichtig, dass die deutschen Seehäfen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) zeigte sich erleichtert. Für den Exportstandort Deutschland sei es gut, dass nach mehr als eineinhalb Jahren Prüfverfahren nun Klarheit herrscht. Der Fraktionschef der SPD in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, sagte: "Das ist ein wichtiges Signal für den Hamburger Hafen und die Beschäftigung dort. Von daher begrüßen wir das sehr." Die Diskussion über den Cosco-Einstieg sei teilweise sehr unsachlich geführt worden. Miriam Putz, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, sagte: "Es freut mich für die Unternehmen, dass nach so langer Zeit endlich eine Entscheidung getroffen wurde." Und das sei gut für den Hamburger Hafen. "Die Sicherheitsbedenken, die es gab, wurden ja offensichtlich geprüft und es ist eine gute Entscheidung getroffen worden", ergänzte sie.
Der Hamburger CDU-Chef Dennis Thering sagte: "Es ist gut, dass es jetzt endlich Klarheit gibt. Für uns ist wichtig, dass sich der Hamburger Hafen weiterentwickelt." Es sei jetzt wichtig, darauf zu achten, dass es bei dieser Beteiligung bleibe und der Einfluss der Chinesen im Hamburger Hafen nicht größer werde. Thering: "Wir hoffen sehr, dass der Hamburger Hafen davon jetzt einen richtigen Schub bekommt." Auch Norbert Hackbusch, hafenpolitischer Sprecher der Linken, begrüßte die Einigung. Er sagte NDR 90,3: "Ich freue mich. Der Handel mit China ist für den Hamburger Hafen bedeutend. Von daher ist es für den Hafen insgesamt ein positiver Schritt." Generell kritisierte er jedoch, dass die Reeder in den Häfen immer mehr Einflussmöglichkeiten bekommen.
Auch Ablehnung und Kritik in der Politik
Unverantwortlich nannte Krzysztof Walczak von der AfD den Deal mit Cosco. Deutschland dürfe sich nicht in einseitige Abhängigkeiten begeben. Der Hamburger FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Kruse meinte, das ganze Prüfverfahren sei kritikwürdig. Er bemängelte, dass die HHLA das Container-Terminal Tollerort schon viel früher als kritische Infrastruktuktur hätte benennen müssen. Auch Bundespolitiker und -politikerinnen von CDU und Grünen übten Kritik.
Industrieverbände begrüßen Entscheidung
Die deutsche Industrie begrüßte dagegen den Cosco-Einstieg beim Container-Terminal Tollerort. Die Entscheidung der Bundesregierung sei gut für den Investitionsstandort Deutschland, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Industrieverbandes BDI, Tanja Gönner, am Donnerstag. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) zeigte sich ebenfalls erfreut über die Zustimmung der Bundesregierung. "Wir begrüßen die Freigabe der Minderheitsbeteiligung an dem Hamburger Terminal, die überfällig war", sagte Hauptgeschäftsführer Daniel Hosseus. Die politische Aufmerksamkeit solle jetzt darauf liegen, den Hafen- und Logistikstandort Deutschland zu stärken.