Entspannung beim Richtungsstreit im Ohnsorg-Theater
In der Hamburger Traditionsbühne Ohnsorg-Theater wollen beide Seiten jetzt konstruktiv miteinander zusammenarbeiten. Das hat Ohnsorg-Intendant Michael Lang angekündigt, der nach zweieinhalbmonatiger Auszeit zurück im Theater ist.
"Der Kapitän ist zurück an Bord“, lächelt Michael Lang. Seit zwei Tagen ist er nach wochenlanger Auszeit wieder zurück in seinem Ohnsorg-Theater. "Und ich habe den Eindruck, dass sich die meisten, die ich treffe, freuen, dass ich wieder da bin." Es waren unruhige Wochen für das Ohnsorg. Der Richtungsstreit im Theater darüber, wie viel Hochdeutsch auf eine plattdeutsche Bühne gehört, war Ende April eskaliert - bei einer aus dem Ruder laufenden Mitgliederversammlung, pikanterweise fast so wie im preisgekrönten Ohnsorg-Stück "Extrawurst". Beim Treffen des Vereins Niederdeutsche Bühne Hamburg war es hoch hergegangen. Auch das Betriebsklima war dabei Thema. Die ehemalige Ohnsorg-Schauspielerin Sandra Keck trat unangekündigt als Aufsichtsratschefin des Ohnsorgs an. Manche sprachen von einem Putsch. Seitdem ist einiges passiert.
"Anstandsgrenze wurde verletzt"
Lang hat mittlerweile auch schon mit Sandra Keck gesprochen, der neuen Aufsichtsratschefin, die seinen Modernisierungskurs kritisiert. Beide seien sich einig, dass die Vorgänge bei dieser Versammlung Ende April eine Anstandsgrenze verletzt hätten und "nicht in Ordnung" oder "hanseatisch" gewesen seien. Beide hätten sich darauf verständigt, ihre jeweiligen Aufgaben zum Wohle des Theaters wahrnehmen zu wollen, sagt Lang. Falls neue Konflikte auftreten, habe sich die Kulturbehörde als Vermittlerin angeboten.
An Rücktritt gedacht?
Auf die Frage, ob er in den vergangenen Wochen an einen Rücktritt gedacht habe, antwortete Lang ausweichend, er habe an vieles während dieser Zeit gedacht. Er habe aber auch festgestellt, dass er sehr viele Fürsprecher habe und Verantwortung für die trage, die ihm vertrauen. Außerdem laufe sein Vertrag noch vier Jahre. "Und mein Wille, die Zukunft des Theaters zu gestalten, ist ungebrochen, und wird sich seinen Weg weiter bahnen." Der Intendant hat eingeräumt, dass es ihm wohl im Existenzkampf des Theaters während der Corona-Krise nicht immer gelungen ist, alle Mitarbeitenden mitzunehmen. In dieser Zeit habe sich bei manchen Beschäftigten Frust aufgestaut. Ein Mediations-Prozess helfe schon seit geraumer Zeit, die innerbetrieblichen Diskussionen zu organisieren.
Wieviel Hochdeutsch verträgt das Ohnsorg?
Klar ist aber: Die Pläne für die kommende Spielzeit bleiben, wie sie sind. Einen Modernisierungskurs für die Traditionsbühne hält Michael Lang für alternativlos, er zeigt sich aber weiter für Ideen und Gespräche offen. Auch die Neuerung, dass die Stücke-Namen auf Hochdeutsch auf Plakaten stehen, bleibt - als Versuch, ob man so nicht doch noch mehr Menschen aufs Ohnsorg neugierig machen kann. Der Streit um die Frage, wieviel Hoch- und wieviel Plattdeutsch auf der Bühne zu hören ist, begleitet die Bühne von Anfang an. "Die große Popularität des Ohnsorg-Theaters basiert zu einem ganz großen Teil auf den hochdeutschen Fernsehaufzeichnungen", sagt Lang. Gleichzeitig habe das Ohnsorg Plattdeutsch als Kulturauftrag, um die nachwachsende Generation neugierig auf die Sprache zu machen, und das vorhandene plattdeutsche Publikum zu bedienen. "An allen Stellen gibt es unterschiedliche Interessen und Lager, die man immer wieder zusammensetzen muss, um den besten Weg für die Zukunft zu finden." Lang appelliert dafür, den kreativen Gebrauch von Hochdeutsch und Plattdeutsch weniger ideologisch als spielerisch zu verstehen.
Murat Yeginer: Abschied vom Abschied?
Welche Rolle der Oberspielleiter Murat Yeginer künftig im Haus spielen wird, ist noch unklar. Yeginer hatte in einem emotionalen Statement während der Versammlung Ende April seinen Rückzug als Oberspielleiter verkündet. Später hatte er dann präzisiert, dass er noch seinen Vertrag bis zum kommenden Jahr, in dem sein Ruhestand beginnt, erfüllen wolle. Mittlerweile haben sich offenbar auch hier Wogen geglättet. "Es wird sicherlich eine Form der Zusammenarbeit auch über seinen Rentenbeginn hinaus geben", sagte Lang. "Wie die im Einzelnen aussehen wird, werden wir dann sehen."