Junge Nordafrikaner boxen sich in Hamburg durch
Abdelhaq ist 17 Jahre alt, nennt sich Abi. Zum ersten Mal seit Monaten spaziert der Marokkaner wieder über die Reeperbahn, den Ort, an dem er im Herbst 2014 noch viele Nächte verbracht hat. "Hier, in dieser Seitenstraße, haben wir immer Handys geklaut", erzählt er. Und jetzt, da kämen wieder all die Erinnerungen hoch. Erinnerungen an das Leben auf der Straße, an Drogen, Angst vor der Polizei.
Abdelhaq war 16 Jahre alt, als er sich im Hamburger Rotlichtmilieu herumtrieb, stand als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling unter der Obhut der Stadt Hamburg. Doch aus der Unterkunft, in der er mit anderen straffälligen Jugendlichen untergebracht war, brach er immer wieder aus, kletterte einfach aus dem Fenster und an der Regenrinne herunter.
Kaum Kontrolle durch Sozialarbeiter
Sozialarbeiter habe es in der Einrichtung gegeben, erzählt er, aber die hätten lediglich kontrolliert, wer noch da sei und wer schon weitergezogen, ins nächste Land. "Und als wir gemerkt haben, dass es denen scheißegal ist, wie es uns geht, da haben wir einfach weitergeklaut."
Abdelhaq ist einer von vielen Minderjährigen, die seit 2013 in Hamburg ankamen. Doch im Gegensatz zu den meisten von ihnen floh er nicht vor Bombenangriffen, vor IS-Terror oder den Taliban. Stattdessen floh vor einem Leben auf den Straßen Marokkos, vor Hunger, Armut, Perspektivlosigkeit. Dass er auch in Deutschland keine Perspektive finden würde, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fast alle Asylanträge aus den sogenannten Maghreb-Staaten ablehnt, das wusste er nicht, als er mit 13 Jahren an einem Seil auf ein Schiff kletterte, das ihn rüber nach Spanien brachte, nach Europa, erzählt er.
Ein Leben auf der Straße
Doch in Europa erwartete den Jugendlichen erneut ein Leben auf der Straße, zunächst in Spanien, bis er weiter nach Hamburg zog. Hier wurde er zunächst in einer Turnhalle untergebracht, mit Hunderten anderen Minderjährigen. Er haute von dort immer wieder ab, schloss sich Gleichgesinnten an. Lernte, wo man in der Hansestadt am einfachsten Handtaschen und Handys klauen konnte. Denn einem Leben in der überfüllten Turnhalle zog er das Leben auf der Straße vor, und das musste ja finanziert werden.
Kreislauf aus Drogen und Kriminalität
Ein Kreislauf aus Drogen und Kriminalität, der erst durchbrochen wurde, als Abdelhaq mit dem Boxen begann. Im Herbst 2014, als die kriminellen Übergriffe von jugendlichen Nordafrikanern in Hamburg sich häuften, beauftragte die Stadt Hamburg den Verein BoxOut, sich um die Gruppe der sogenannten "delinquenten" Flüchtlinge zu kümmern.
- Teil 1: Kaum Kontrolle durch Sozialarbeiter
- Teil 2: Boxtrainer wurde zu einer Vaterfigur