Bezirkswahlen in Hamburg: Das sind die Themen in Altona
Am Sonntag, den 9. Juni 2024, finden in Hamburg die Bezirksversammlungswahlen, kurz auch Bezirkswahlen, statt. Das Thema Verkehr führt im Bezirk Altona immer wieder zu Kontroversen. Der politische Streit darüber kann eine zweite Amtszeit von Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) gefährden.
Im Bezirk Altona leben rund 280.000 Menschen. Altona ist besonders reizvoll durch seine Elblage und die großen Parks. Es ist aber auch ein Bezirk der Extreme. Zwischen Blankenese und Bahrenfeld, zwischen Rissen und Osdorf sind nicht nur die Mieten extrem unterschiedlich, auch die Arztdichte oder die Zahl der Arbeitslosen.
A7-Sperrungen und Großbaustellen
Neben viel Natur zwischen Elbufer, dem Klövensteen, den Elbparks und dem Volkspark prägen derzeit große Dauerbaustellen das Bild: Der Bau des A7-Deckels Altona sorgt bis 2028 für Umleitungen und Sperrungen. So darf man in Bahrenfeld ab Sommer zweieinhalb Jahre lang nicht Richtung Hannover auf die A7 fahren. Auch der Bau der Fernwärmeleitung und die ewige Sanierung der Elbchaussee behindern Autos und Fahrräder noch lange.
Veloroute Reventlowstraße sorgt für Streit
Streitthema ist der Ärger um die Reventlowstraße in Groß Flottbek. Sie wird dieses Frühjahr zur Veloroute ausgebaut, was in letzter Konsequenz Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg sogar die zweite Amtszeit kosten kann. Denn SPD, CDU, FDP und Linke erklären, sie pauke die Sanierung gegen alle Bedenken durch und die Sperrung schade erneut dem Einzelhandel in der Waitzstraße. Von Berg höre allgemein kaum noch auf die Bezirkspolitikerinnen und -politiker und sei damit nur noch schwer wählbar. Die Grünen-Politikerin weist das zurück. Baue man die Reventlowstraße jetzt nicht um, sei das auch wegen der A7-Maßnahmen erst in sieben Jahren möglich und dann viel teurer.
Verkehrsberuhigung in Altona
Die selbstbewusste von Berg hat auch manchen Konflikt entschärft, wie den um die Anmeldung der Blankeneser Osterfeuer oder den Verkehrsversuch für ein autoarmes Ottensen. Fünf Jahre stritten hier Ruhe liebende Anwohnende mit Händlerinnen und Gastronomen, die auf die Autokundschaft setzen. Nach vielen Bürgerbeteiligungen steht ein Kompromiss vor der Tür: fremde Autos raus, nur Anwohnende und Lieferfahrzeuge dürfen mittels Kennzeichenerfassung in Ottensens Kern. Dafür soll es breitere Fuß- und Radwege und weniger Parkplätze geben.
Dauerbrenner Holstenareal
Ein bisheriger Dauerbrenner wird auch die künftige Bezirksversammlung beschäftigen: der Stillstand auf dem Holstenareal. Immer wieder war das Grundstück aus Spekulationsgründen weiterverkauft worden, bis es schließlich bei einer Tochter der angeschlagenen Adler-Gruppe landete. Die liefert dem Bezirksamt Altona nicht die geforderten Bank-Bürgschaften und erhält somit kein Baurecht. Das ehemalige Brauereigrundstück wird wohl auch in absehbarer Zeit nicht mit den versprochenen 1.300 Wohnungen bebaut. Das liegt am Investor.
Am Bezirk liegt dagegen zum Teil, dass Altonas Wohnungsbau schon vor der Baukrise einbrach. Mit nur 580 genehmigten Wohnungen 2023 verpasste der Bezirk seine Sollzahl von 1.500 deutlich. Investoren schimpfen über viele teure Auflagen der Bezirksversammlung, etwa zu wenig Stockwerke oder den Bau von Gründächern und Elektrorad-Ladestationen.
Wohnungsbau und Klimawandel im Fokus
Die neue Bezirksversammlung wird sich mit dem Wohnungsbau an Hauptverkehrsstraßen befassen. Vermehrt sollen unrenovierte Einfamilienhäuser etwa an der B431 oder der Luruper Hauptstraße abgerissen und durch Mehrfamilienhäuser mit begrünten Fassaden ersetzt werden. Dem Klimawandel ist das Pilotprojekt "Cool Altona" gewidmet. Es soll ganz Hamburg zeigen, wie man Hitzeinseln vermeidet und mit Starkregen fertig wird.
Viele Drogenabhängige am S-Bahnhof Holstenstraße
Soziale Probleme stehen ebenso auf der Tagesordnung der Politik. Sie konzentrieren sich nicht mehr auf die Großsiedlung Osdorfer Born, die lebenswerter geworden ist. Sie ballen sich zurzeit am S-Bahnhof Holstenstraße, wo sich viele Drogenabhängige treffen. Altonas Bezirksversammlung beschloss kürzlich, Polizei und Bahnsicherheit müssten am Holstenbahnhof präsenter sein. Die Bezirksamtsleiterin überlegt, ob man dort einen Drogenkonsumraum nur für Crack-Süchtige einrichten kann.
Bezirksversammlung: Grüne mit Abstand stärkste Partei
Ob von Berg das vorantreiben kann, ob sie über den Herbst nächsten Jahres hinaus das Amt leitet, hängt vom Wahlergebnis ab. Ihre Grünen dominieren die laufende Bezirksversammlung mit 35,1 Prozent vor der SPD mit 20,4 und der CDU mit 16,6 Prozent. Es gab keine Koalition sondern wechselnde Mehrheiten. Das liegt auch daran, dass die Parteien in Altonas weißem Rathaus einen raueren Ton pflegen als in anderen Bezirken. Man streitet laut und listig. Auch hier ist Altona ein Bezirk der Extreme.