Hamburg: Drogenszene am S-Bahnhof Holstenstraße wächst wieder
Harte Drogen, Armut und Gewalt: Das Areal rund um den S-Bahnhof Holstenstraße in Hamburg ist ein raues Pflaster. Während sich die Lage zwischendurch zu entspannen schien, müssen Bezirksverwaltung wie Polizei jetzt einräumen: Es ist wieder schlimmer geworden.
Fast täglich versammeln sich Gruppen von bis zu 30 Drogenabhängigen rund um den S-Bahnhof Holstenstraße. Sie konsumieren offen harte Drogen, insbesondere Crack. Die Bezirksverwaltung Altona bemüht sich seit Jahren, die Situation in den Griff zu bekommen: Runde Tische sollten den Dialog zwischen Nachbarschaft, Sozialarbeit und Behörden stärken. Eine öffentliche Toilette sollte für mehr Sauberkeit sorgen und mehr Polizeipräsenz das Sicherheitsempfinden erhöhen. Doch die Situation hat sich zum Jahresende 2023 wieder verschlechtert, räumt das Bezirksamt Altona ein.
Crack-Szene habe sich vermehrt angesiedelt
Die Crack-Szene habe sich vermehrt am Holstenbahnhof angesiedelt. Auch die Polizei bestätigt diesen Trend auf NDR Anfrage. Sie setze wieder häufiger Streifen ein, auch in zivil. Für Florian Pittner reicht das nicht aus. Als Straßensozialarbeiter des Vereins "Palette" kennt er die Szene seit Jahren. Mit einer erhöhten Polizeipräsenz wolle die Politik lediglich den Eindruck erwecken, dass etwas getan werde. Aber einen Effekt habe es nicht, so Pittner.
Das Elend hat hier viele Gesichter und hinter jedem von ihnen steckt eine eigene Geschichte - zum Beispiel die von Micha. Mit 16 Jahren ist er als Heroin-Dealer in die Drogenszene eingestiegen. Danach sei es immer weiter bergab gegangen. Heute sei er 37 Jahre alt und viele seiner Weggefährten schon tot. Manche hätten keine Beine mehr, seien einfach nur Wracks, erzählt Micha.
Ladenbesitzer kritisieren die Zustände
Die Zustände am S-Bahnhof Holstenstraße beschäftigen seit Jahren schon die Anwohnerinnen und Anwohner, aber auch Ladenbesitzerinnen und Ladenbesitzer. Immer wieder hatte es Gespräche mit Politik und Verwaltung gegeben, aber geändert habe das nichts, sagt Ayman Rasched: "Wir respektieren diese Menschen. Die sind auch Menschen, ich weiß. Sie müssen diese Sachen nehmen, aber woanders, nicht vor dem Geschäft. Wir müssen auch leben." So sehen das viele hier.
Vorurteile gegenüber Drogensüchtigen
In der Stresemannstraße, direkt um die Ecke, ist der Verein "Palette" vier Tage die Woche im Einsatz. Die Einrichtung sei längst überlastet, sagt auch die Bezirksverwaltung. Auch Ina kommt regelmäßig, sie wohnt ganz in der Nähe. Seit 14 Jahren kämpft sie gegen die Sucht und gegen die Vorurteile. Egal, wo man hingehe als Drogensüchtige, überall werde man als Abschaum bezeichnet, sagt Ina. "Das ist wirklich so. Das ist doch nur ein 'scheiß Junkie' und Florian sieht uns nicht so", betont sie.
Gesundheitsstruktur muss sich ändern
"Ich denke, dass eins der größten Probleme auch ein Menschenbild ist, was eben diese Leute abwertet", sagt Florian Pittner. "Sie sind anerkannt schwerkranke Menschen und ich denke, was einen Effekt hätte, wäre zum Beispiel eine Gesundheitsstruktur, die die Menschen auffangen würde. Das hätte einen Effekt."