Anleger enteignet? Der Fall "Magellan"
Mit Containern dickes Geld verdienen ohne selbst viel dafür tun zu müssen - das war die Devise, nach der das Hamburger Unternehmen Magellan Maritime Services (MMS) fast 8.900 Anlegern ein Anlagemodell verkaufte. Renditen von sechs bis acht Prozent pro Jahr sollten dabei herausspringen. In der aktuellen Niedrigzinsphase galt diese Anlageform offenbar für viele Menschen als geradezu ideal. Jahrelang lief das Geschäft auch blendend. Zuletzt hatte Magellan rund 99.000 Seecontainer in den Büchern, die über Anleger finanziert und an vorwiegend ostasiatische Reedereien weitervermietet wurden.
Geschockte Anleger
Als Mitte dieses Jahres Magellan Insolvenz anmelden musste, war das ein Schock für die Anleger. Die Forderungen gegenüber dem Unternehmen belaufen sich auf 346 Millionen Euro. Über 90 Prozent davon ist Anlegergeld, das nun in den Containern feststeckt. Ein Großteil davon scheint für immer verloren, obwohl die Container noch immer auf den Weltmeeren im Einsatz sind und die Reedereien weiterhin ihre Miete dafür bezahlen.
Einer der Anleger ist der pensionierte Lehrer Thomas Wegener. Er kann bis heute nicht ganz verstehen, warum es zu der Insolvenz gekommen ist. "Ich habe seit drei Jahren pünktlich jedes Vierteljahr meine Miete bekommen und war der Meinung, das ist ein solides Unternehmen, das seine Dinge gut durchkalkuliert hat." Er macht die Chefs von Magellan für das Desaster verantwortlich. "Diese Geschäftsführung hat einfach zu viel Rendite versprochen", meint Wegener.
In der Tat konnte Magellan über die Vermietung pro Container weniger Geld einnehmen als man den Anlegern versprochen hatte. Dennoch lief das Geschäft lange gut. Als Grund für die Insolvenz nennt der Insolvenzverwalter Peter-Alexander Borchardt einen "erheblichen Liquiditätsbedarf". Der sei eher kurzfristig aufgetreten, weil insbesondere ein chinesischer Containerhersteller deutlich früher als üblich Zahlungen in Höhe von elf Millionen Euro verlangt habe. "Natürlich spielt es auch eine Rolle, dass man nicht in der Lage war neue Investoren zu gewinnen. Das ist auch ein Punkt, der eine entscheidende Rolle mitgespielt hat", meint Borchardt. "Sicherlich liegen Managementfehler vor." Von einem Schneeballsystem, bei dem immer neue Anleger gewonnen werden müssen, um alte Anleger ausbezahlen zu können, will er momentan aber nicht sprechen.
Wem gehören nun die Container?
Die Insolvenz des Unternehmens hat allerdings ein Problem aufgeworfen, das bei vielen Anlegern für Verwirrung und Empörung sorgt. Nach Durchsicht der Verträge kamen Insolvenzverwalter Borchardt Zweifel daran, "dass den Anlegern noch das Eigentum an den Containern zusteht." Er betont, dass es seine Pflicht als Insolvenzverwalter sei, diese Zweifel auch zu benennen. Borchardt meint: "Der Vertrag sieht ein Insolvenzszenario nicht vor." Aufgrund seiner Zweifel ließ der Insolvenzverwalter außerdem ein Gutachten erstellen, das ebenfalls infrage stellt, ob die Anleger tatsächlich Eigentümer der Container geworden sind. Carsten Jans, Geschäftsführer von Magellan, meint allerdings, dass diese rechtlich Einschätzung "nicht im Einklang mit den von uns gewollten Inhalten" in den Verträgen stehe. Die habe man vorher anwaltlich prüfen lassen.
Anlegeranwalt Peter Mattil kann das alles nicht verstehen: "Insgesamt gesehen ist das Vorgehen des Insolvenzverwalters für mich vollkommen unverständlich. Wir haben hier vollkommen glasklare Verträge, die Anleger sind eigentlich Eigentümer und den Anlegern stehen die Mieten zu. So wurde es auch steuerlich jahrelang praktiziert. Jetzt kommt der Insolvenzverwalter und beschließt, ich kassiere das alles in die Insolvenzmasse. Die Anleger werden also auf gut Deutsch enteignet." Im Gläubigerausschuss, dem Mattil angehört, muss nun geklärt werden, ob zur Klärung der Eigentumsfrage ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben wird.
Suche nach einer Lösung
Aus Sicht von Insolvenzverwalter Borchardt ist die Frage, wem die Container gehören, zunächst zweitrangig. Es müsse eine gemeinsame wirtschaftliche Lösung geben, weil alles andere für die Anleger nur nachteilig sein könne. Die Container seien irgendwo auf den Weltmeeren unterwegs. Die Reedereien hätten auch nur Verträge mit Magellan und nicht mit den einzelnen Anlegern. "Kein Anleger hätte was davon, wenn ihm eine Reederei sagt: Hole Deinen Container irgendwo in Indonesien ab und kümmere dich darum, mit allen Verpflichtungen, die damit zusammenhängen." Auf der Gläubigersammlung, die am 18.Oktober in Hamburg stattfand, wurde Borchardt damit beauftragt, einen Käufer für Magellan zu finden. Offenbar gibt es bereits Interessenten. Peter Mattil zweifelt aber daran, dass der Verkauf am Ende so einfach funktioniert. Der Insolvenzverwalter könne einem möglichen Käufer nicht verschweigen, dass diese Container den Anlegern gehörten, "die darauf Anspruch erheben und vielleicht sogar klagen wollen. Ich weiß nicht, was ein Investor tun wird, wenn er das erfährt."