Sendedatum: 27.10.2017 | 15:20 Uhr
1 | 6 Für Mouhanad Khorchide, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Wilhelms-Universität Münster, ist die Idee der Reformation ausschlaggebend: "Nämlich kritisch zu hinterfragen. Luther erinnert uns Muslime daran, dass der Islam die Menschen von jeglicher Bevormundung befreien will - ob nun in religiöser, politischer oder sozialer Hinsicht. Sich mit Luther auseinanderzusetzen, soll Muslimen Mut machen, ihre Religiosität selbst in die Hand zu nehmen."
© Mouhanad Khorchide
2 | 6 Auch Katayun Amirpur, Professorin für Islamische Theologie an der Universität Hamburg und stellvertretende Direktorin der Akademie der Weltreligionen, hat sich intensiv mit dem Reformer auseinandergesetzt: "Mit seinem 'sola scriptura'-Ansatz hat Luther dem Christentum einen großen Dienst erwiesen. Für die Muslime gilt es zu prüfen, ob dieser Zugang auch für ihre Religion sinnvoll ist. Deshalb ist die Auseinandersetzung mit ihm notwendig. Denn: 'Allein durch die Schrift' birgt bezogen auf den Islam ein großes Gefahrenpotential. Das beweisen uns die Salafisten."
© Georg Lukas, Foto: Georg Lukas
3 | 6 Sedat Simsek, Vorsitzender von DITIB-Nord, ist überzeugt: "Luther hat eine welthistorische Leistung vollbracht und einen Epochenwandel hin zur Moderne angestoßen. Seine Leistungen sind nicht nur im historischen Kontext bedeutend, sondern auch heute noch als Grundlage für ein modernes christliches Weltbild zu betrachten. Auch unter Muslimen gilt er als eine angesehene und bedeutende historische Figur."
© NDR
4 | 6 Für Tuba Isik, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Islamische Theologie an der Universität Paderborn, ist die Reformation auch heute noch von Bedeutung: "Reformation ist für Muslime in Deutschland ein Aufruf, menschlich geschaffene Strukturen nicht zu sakralisieren und die persönliche Autonomie im Kollektiv nicht zu verlieren. Luther erinnert an die Notwendigkeit religiöser Bildung, wenngleich das eine oder andere für mich diskussionswürdig ist."
© Tuba Isik
5 | 6 Ali Özdil, Leiter des Islamischen Wissenschafts- und Bildungsinstituts in Hamburg, würde gerne - nach vielen Jahren Engagement im christlich-muslimischen Dialog - noch viel mehr zu Luther sagen: "Luther als Person ist den meisten Muslimen nicht bekannt. Der historische Luther wäre wegen seiner islamkritischen Haltung für Muslime wenig sympathisch. Heutzutage gibt es dennoch einen Dialog zwischen Muslimen und Lutheranern. Dabei spielt die Haltung Luthers jedoch keine Rolle."
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6 | 6 Sineb El Masrar, Journalistin und Autorin, sagt, dass es sich auch für Muslime lohnt, sich mit der Reformation zu beschäftigen: "Sich mit der Reformation und Luther auch als Muslimin und Muslim auseinanderzusetzen, sollte, wie vieles, was zur Historie dieses Landes und Europas gehört, eine Selbstverständlichkeit sein. Denn Neugier zum Stillen des Wissensdurstes sollte keine historischen oder religiösen Grenzen kennen."
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