Sendedatum: 23.06.2017 | 15:20 Uhr
1 | 6 Canan Topçu, Journalistin und Autorin: "Dass Seyran Ateş nach all ihrer öffentlichen Islamkritik sich als bekennende Muslima outet, nehmen ihr viele nicht ab. Mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen. Unabhängig davon: Die Welt verändert sich! Warum sollten sich nicht auch religiöse Praktiken ändern? Die Geschlechtertrennung beim Gebet steht vor allem im Zusammenhang mit der Sexualität. Darin besteht das eigentliche Problem. Für mich zählt die Haltung. Leider vermisse ich immer wieder, gerade bei Muslimen, die ihre Religion buchstabengetreu auslegen, Güte, Barnherzigkeit und Demut."
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2 | 6 Mustafa Yoldas, Vorsitzender der Schura Hamburg: "Religion ist Ritus und Spiritualität. Sie besteht aus Regeln und nicht aus Beliebigkeit. Frau Ateş hat sich bisher mit Islamkritik profiliert. Wenn sie im fortgeschrittenen Alter den Weg wieder zurück zum Islam gefunden hat, weil sie sich jetzt zu einer Imamin ausbilden lässt, ist dies eigentlich erfreulich. Aber dass aus Saula nun Paula geworden sein soll, erkenne ich noch nicht. Mir will sich das "islamische" an ihrem "Tempel für Freigeister" nicht erschließen. Daher ist dieses Projekt für mich nur etwas zum Schmunzeln."
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3 | 6 Seyran Ateş, Frauenrechtlerin und Gründerin der liberalen Ibn Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, sagte im Gespräch mit NDR Kultur: "Ich fordere von der Öffentlichkeit, von der Mehrheitsgesellschaft Unterstützung und Solidarität Wenn Menschen ernsthaft Demokratie in islamischen Ländern wollen, dann gehört dazu, dass auch akzeptiert wird, dass es eine zeitgemäße, geschlechtergerechte Lesart des Korans gibt. Und wenn sie es mit der Religionsfreiheit ernst meinen, dann sollten sie sich genauer anschauen, was das bedeutet. Wir erfinden das Rad nicht neu.“
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4 | 6 Annett Abdel-Rahman, arbeitet im Auftrag des Niedersächsischen Kultusministeriums als Landeskoordinatorin des "Netzwerkes für Lehrkräfte des Fachs Islamische Religion": "Das Projekt interessiert mich nicht. Es soll feministisch-progressiv sein, aber schon die Moschee wurde nach zwei Männern (!) benannt, von denen einer, Ibn Rushd, das Imamat von Frauen sehr klar abgelehnt hat. Sie ist also kein Ergebnis fundierter theologisch-religiöser Auseinandersetzungen, sondern eher ein beliebiger Cocktail persönlicher Meinungen. Wir Muslime haben Wesentlicheres zu tun, als uns über so ein Randthema zu streiten."
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5 | 6 Großes Medieninteresse bei der Eröffnung der liberalen Ibn Rushd-Goethe-Moschee in Berlin. Viel Kritik gab es auch - vor allem danach. Nicht nur aus der muslimischen Community in Deutschland. Die einflussreiche Fatwa Behörde Dar al-Ifta in Ägypten etwa erklärte u.a., es sei verwerflich, wenn Männer und Frauen gemeinsam beteten. Die türkische Religionsbehörde Diyanet kritisierte, dass die liberale Moschee "die Grundsätze unserer erhabenen Religion" missachte. Außerdem stufte sie die Moschee als ein Projekt der Gülen-Bewegung ein. Diese wird von der AKP als Terrororganisation angesehen und für den Putschversuch verantwortlich gemacht.
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6 | 6 Es gibt bisher nur wenige sogenannte liberale Gemeinden in Deutschland. In den meisten Moscheen beten Frauen und Männer getrennt. Die Islamwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Amina Wadud wurde weltweit bekannt, als sie im März 2005 ein traditionelles Freitagsgebet vor einer gemischten Gemeinschaft in New York leitete. Die große Mehrheit der muslimischen Gelehrten ist dagegen, dass Frauen das Freitagsgebet vor einer gemischten Gruppe in der Moschee leiten.
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