Sendedatum: 08.09.2017 | 15:20 Uhr
1 | 9 Soner Durmaz, Seelsorgehelfer in der JVA Hannover, schätzt die Zusammenarbeit mit seinen christlichen Kollegen: "Mit den katholischen und evangelischen Seelsorgern hier in der Anstalt arbeite ich eng zusammen. Als ich hier anfing, noch als Ehrenamtlicher, haben sie mir sehr geholfen. Zuerst durften wir sogar die Kirche mitbenutzen. Jetzt haben wir einen eigenen Gebetsraum. Dort führe ich Gruppengespräche, Einzelgespräche und wir versammeln uns zum Freitagsgebet. Die JVA hat den Raum nach unseren Wünschen gestaltet."
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2 | 9 Najib, Inhaftierter in der JVA Hannover, kommt regelmäßig zum Freitagsgebet: "Jeder Muslim muss beten, das Freitagsgebet ist eine Pflicht. Die erfülle ich mit der Gruppe. Danach fühle ich eine innere Ruhe."
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3 | 9 Muharrem, Inhaftierter der JVA Hannover, kümmert sich freitags darum, dass der Gebetsraum hergerichtet wird: "Für die Muslime ist das Angebot eine Riesenerleichterung. Wir können unseren Glauben leben, die Gebete abhalten, wir sind unter Brüdern und wir haben etwas Freiheit. Freiheit im Glauben und Freiheit im Gefängnis. Das bedeutet es für uns hauptsächlich."
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4 | 9 Winfried Wingert, katholischer Seelsorger in der JVA Hannover, sieht die muslimische Seelsorge erst am Anfang: "Ich begrüße es außerordentlich, dass die muslimischen Gefangenen einen eigenen Ansprechpartner haben. Aber muslimische Seelsorge in einem Verständnis, wie wir es als christliche Seelsorger haben, gibt es noch gar nicht. Wichtig ist, dass junge Frauen und Männer, die in Deutschland kulturell verwurzelt sind, hier islamische Theologie studieren und Standards für die Seelsorge entwickeln. Letztlich sind auch die Verbände Schura und Ditib gefordert."
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5 | 9 Abdul Nasser Al-Masri ist im Moscheeverband Schura-Niedersachsen u.a. verantwortlich für die Seelsorge: "Seelsorge im Islam ist eine ethisch-religiöse Verantwortung und Verpflichtung der muslimischen Gemeinden, den Inhaftierten in den JVAs zu helfen, wenn sie es verlangen. Das heißt, sie zu begleiten in allen Lebens- und Glaubensfragen. Wichtig ist, dass die muslimischen Seelsorger künftig fachlich ausgebildet werden - ähnlich wie die christlichen Gefängnisseelsorger. Und es ist wünschenswert, dass sie mindestens zwei Sprachen können. Besonders in dieser Zeit, in der viele Flüchtlinge und andere Migranten noch nicht gut genug Deutsch sprechen."
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6 | 9 Matthias Bormann, Leiter der JVA Hannover, hält die Gleichstellung der Religionen in der Seelsorge für wichtig: "Auch muslimische Inhaftierte müssen die Möglichkeit haben, ihre religiöse Identität zu leben. Mit den christlichen Kirchen ist die Seelsorge durch den Loccumer Vertrag aus den 60er-Jahren geregelt. Die Gleichstellung der Muslime sollte ja in einem Staatsvertrag mit den islamischen Verbänden geregelt werden. Dazu ist es nun noch nicht gekommen. Das Justizministerium strebt trotzdem schon eine Gleichbehandlung an. Seit 2014 werden muslimische Seelsorger zur Arbeit in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten berufen."
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7 | 9 Kathrin Winters, evangelische Seelsorgerin in der JVA Hannover, findet es wichtig, dass Muslime eigene Ansprechpartner haben: "Es gibt in den seelsorgerlichen Gesprächen Probleme, die man als Christ anders einschätzt. Im Gespräch mit einem Inhaftierten und seiner Frau ging es zum Beispiel um Partnerschaftsprobleme. Meine Sichtweise auf eine Partnerschaft konnten die beiden aber nicht akzeptieren. Jemand mit dem gleichen kulturellen Hintergrund ist in solch einer Situation enorm wichtig. Ich finde es sehr gut, dass wir mittlerweile über die Schura auch auf Musliminnen zurückgreifen können, die bei solchen Problemen vermitteln."
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8 | 9 Tuncay, Inhaftierter in der JVA Hannover, findet, dass die Angebote der muslimischen Seelsorge etwas verändert haben: "Unter den Gefangenen geht es friedlicher zu. Wir reden uns mit 'Hallo Bruder' an oder 'Wie geht's Dir, Bruder?'. Vorher waren wir eher respektlos zueinander. Aber hier wird nicht geflucht, hier wird nicht über andere abgelästert, hier wird über den Alltag gesprochen. Viele empfinden eine Vorfreude auf das Freitagsgebet. Danach kochen wir uns türkischen Tee im Samowar, sonst haben wir ja nur Beuteltee. Das sind Sachen, auf die man sich freitags freut."
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9 | 9 Cengiz Ayar, Masterstudent, vertritt bei Bedarf den muslimischen Seelsorgehelfer: "An der Uni Osnabrück gibt es jetzt ein spezielles Lehrangebot für muslimische Seelsorge. Ich werde auch meine Masterarbeit zu dem Thema schreiben. In den Justizvollzugsanstalten, in Krankenhäusern, in Altenheimen - überall wächst der Bedarf nach Seelsorge, weil sich die Strukturen auch in muslimischen Familien verändern. Ich rede gerne mit Menschen und versuche, ihnen bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen. Deshalb kann ich mir vorstellen, später als Seelsorger zu arbeiten."
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