Gebetsraum für Muslime in Kliniken: Ein Ort zum Innehalten und Verweilen
In Angesicht von Krankheit und Tod suchen immer mehr Patienten, Angehörige und Mitarbeiter in Kliniken Möglichkeiten zu beten. Während es in vielen Kliniken Räume der Stille gibt, sind muslimische Gebetsräume oft noch die Ausnahme.
In der Helios Klinik in Salzgitter-Lebenstedt gibt es bereits seit 25 Jahren einen muslimischen Gebetsraum: Kronleuchter, Sitzkissen, Fenster mit islamischen Motiven, ein grüner Seiden-Teppich. Wandaufschriften zeigen die Insignien für Allah, den Propheten Mohammed und in welcher Himmelsrichtung Mekka gelegen ist. Auf einem kleinen Pult liegt ein Koran in Arabisch und Deutsch zum Gebet bereit. Der Raum strahlt friedliche Ruhe aus. Für muslimische Patienten, Angehörige und Mitarbeitende ist er ein Ort zum Innehalten und Verweilen im manchmal hektischen Krankenhausalltag, sagt Ahmad Al-Masarani. Der Oberarzt aus Syrien betet fünfmal täglich: "Meistens in den Pausenzeiten, da brauche ich höchstens fünf bis zehn Minuten Zeit. Währenddessen bin ich durch mein Telefon erreichbar, da habe ich nie Probleme gehabt. Es ist lautlos, ich merke das, und dann rufe ich sofort zurück. Ich sage meinen Kollegen Bescheid, dass ich die nächste Viertelstunde oder halbe Stunde in der Pause bin, und es hat nie Probleme gegeben."
Gebetsräume: "Ein Symbol der Toleranz und Vielfalt"
Der Gebetsraum ist durch einen Vorhang in Nischen für Frauen und Männer geteilt. Wie üblich in muslimischen Gotteshäusern sind die Besucher angehalten, sich die Schuhe auszuziehen. Ganz in der Nähe befinden sich spezielle Waschräume: "Man muss sich jedes Mal vor dem Gebet waschen", erklärt Al-Masarani. "Die Hände, das Gesicht, die Haare und die Füße müssen gewaschen werden, und dafür gibt es die Waschräume."
Das Pflichtgebet ist eine der fünf Säulen des Islam. Die Gebetszeiten richten sich nach dem Sonnenstand und verändern sich je nach Ort und Jahreszeit. Deshalb sind die Gebetsräume des Krankenhauses rund um die Uhr geöffnet: "Es ist ein Symbol der Toleranz und Vielfalt hier im Krankenhaus. Das ist für uns muslimische Mitarbeiter ein wichtiges Zeichen, dass unsere Bedürfnisse oder Verpflichtungen im Krankenhaus berücksichtigt werden", sagt Al-Masarani.
Insbesondere in Krisenzeiten und in der Sorge um die eigene Gesundheit gibt das Beten Menschen neue Kraft und Hoffnung. Für viele Patienten bedeutet dies Trost im Glauben an einen Gott, wie auch immer er in den verschiedenen Religionen genannt wird. So sei es wichtig, dafür in großen Kliniken entsprechende Angebote machen zu können, betont der Ärztliche Direktor Dietmar Loitz: "Von unserer Seite aus sind wir gefordert, alle Mitarbeiter mit ihren Wünschen zu respektieren und die persönlichen Anliegen zu fördern, was nicht immer möglich ist. In Krankenhäusern ist ein ganz schöner Druck auf dem Kessel, aber wenn solche kleinen Inseln geschaffen und gehalten werden können, ist das unsere Aufgabe."
Gebetsraum für Muslime auch in Braunschweig gefordert
Im Städtischen Klinikum Braunschweig hingegen gibt es lediglich einen Raum der Stille und Andacht, der allen offen steht. Allerdings sind die religiösen Vorgaben für einen Gebetsraum für Muslime hier nicht gegeben. Deshalb fordert die Islamische Gemeinde schon seit Längerem einen eigenen für ihre Gebetspraxis eingerichteten Raum, betont Sadiqu Al-Mousslie, Vorsitzender der Zentralrats der Muslime: "Es ist wichtig, dass bestimmte Symbole im Raum sind, dass die Richtung gen Mekka gewährleistet ist, dass die Leute nicht vor einem laufen, dass man auch selbst als Moslem die Christen oder Juden nicht stört, die eventuell auch diesen Raum nutzen. Deswegen plädieren wir dafür, dass ein extra Raum für Muslime nach ihren Bedürfnissen ausgestattet wird, damit es keine Reibereien oder Missverständnisse gibt."
"Wir wollen wie jede andere Religionsgemeinschaft behandelt werden"
Nicht nur durch den Zuzug von Migrantinnen und Migranten würden in Deutschland deutlich mehr Kulturen und Religionen sichtbar werden, so Al-Mousslie. Auch Deutsche muslimischen Glaubens treten heute wesentlich selbstbewusster auf, als es noch ihre Eltern- oder Großelterngeneration getan haben: "Ich merke selber, auch von unserem Verband, dass wir jetzt immer lauter werden müssen, damit auch unsere Belange beachtet werden - ohne das Gefühl von den anderen zu haben, dass die Muslime hier eine Extrawurst haben wollen. Wir wollen keine extra Wurst, wir wollen einfach nur wie jede andere Religionsgemeinschaft beachtet und behandelt werden - mehr nicht."