Chormusik
Sonntag, 19. Februar 2023, 17:00 bis
18:00 Uhr
Im Frühjahr 2014 läuten die Glocken der St. Michael-Kathedrale in Kiew Alarm. Ein akustisches Zeichen des so genannten "Euro-Maidan": jener Massenprotest, in der Ukraine auch "Revolution der Würde" genannt, der sich gegen die damals russlandfreundliche Regierung des Landes wendet.
Chronik der Revolution
Dieser Glockenalarm hallt bei Valentin Silvestrov nach. Der damals 77-jährige Komponist, bis dahin kaum an Politik interessiert, schreibt eine musikalische Chronik der Revolution. Er setzt sich ans Klavier, singt mit der eigenen Stimme und nimmt sich mit dem Tonband auf. So entsteht sein vierteiliges Werk mit dem Titel Maidan 2014, der mit glockenartigen Klängen beginnt.
Meditative Stimmung
Silvestrov komponiert den Maidan-Zyklus für Chor a cappella. In der Chormusik präsentieren wir das Werk in einer Aufnahme mit dem Kiyv Chamber Choir unter Mykola Hobdych. Sie ist bereits 2016 entstanden, in der besagten St. Michael-Kathedrale, und im vergangenen Jahr auf CD erschienen. Das gut vierzigminütige Stück klingt nicht wie ein lauter Protestschrei; Valentin Silvestrov bleibt seiner Klangsprache treu und berührt oft mit stillen Sounds und einer meditativen Stimmung. Er wolle den Lärm des schrecklichen Krieges nicht verdoppeln, betont Silvestrov im Beiheft der CD. Vielmehr wolle er zeigen, wie zerbrechlich unsere Zivilisation ist.
Zerbrechlicher und zarter Ton
Neben dem Maidan-Zyklus enthält das Programm noch weitere Chorwerke von Valentin Silvestrov. Und auch dort setzt der heute 85-jährige Komponist - der nach dem russischen Überfall auf die Ukraine nach Berlin geflohen ist - auf einen zerbrechlichen und zarten Ton.
Eine Sendung von Marcus Stäbler.