Chormusik
Sonntag, 15. Januar 2023, 17:00 bis
18:00 Uhr
"Was ich sehr schön finde, ist, dass die Musik so einen großen Bogen bildet. Es ist natürlich Kirchenmusik, gemeint als eine Art Gottesdienst in zwei Teilen: Vesper und Kompleten, Abend- und Nachtdienst. Und man hat wirklich das Gefühl, das man in einem Raum ist mit Kerzen, Bildern und Hall, in einer anderen Landschaft. Man wird wirklich mitgenommen in eine andere Klangwelt. Vielleicht eine mystische Erfahrung". So beschreibt Klaas Stok Rautavaaras Vigilmesse. Schon lange schwebte dem niederländischen Dirigenten vor, das Werk mit dem NDR Vokalsensemble aufzuführen.
"Ein dumpfes Dröhnen und Klingeln"
Angelehnt an orthodoxe Abendwachen komponierte Einojuhani Rautavaara in den Jahren 1971/72 das etwa 70minütige Werk, auch inspiriert von einer Erinnerung an seinen Besuch als Junge im Kloster Valamo: "Für mich schienen die Inseln damals in der Luft zu schweben. Zwischen ihren Bäumen zeigten sich ständig neue, strahlende Kuppeln und Türme. Die Glocken begannen zu läuten, ein dumpfes Dröhnen und helles Klingeln: Die Welt war voller Töne und Farben." Beschreibt Raautavaara das frühe Erlebnis.
In seiner Vigilmesse stehen die Solisten für verschiedenen Themen und Sujets. Der Chor verkörpert die christliche Gemeinschaft, die den Ereignissen symbolische, universelle Bedeutung verleiht.
"Mystische Erfahrung"
Die ursprünglich liturgisch gebundene Originalversion verwandelte Rautavaara für die Aufführung im Konzert in ein endlos fließendes, sinfonisches Gedicht für Chor und Solisten. Doch die Aura tiefer orthodoxer Geistigkeit bleibt spürbar. "Er hat dieses Stück geschrieben für ein Festival. Aber da war es noch viel länger: Andere Teile dazu und viel mehr rezitierte Soli. Und er hat es damals so hoch geschrieben für die Soprani, die waren nach der ersten Hälfte schon so müde und konnten die zweite Hälfte kaum noch singen. Das hat er geändert. Und wie es jetzt zusammenhängt, ist es die endgültige Version. Er hat auch gesagt: Das ist die Konzertversion, nur die will ich haben, die andere wird nicht mehr gespielt." Für Klaas Stok und sein Ensemble lag der Fokus auch auf der sehr präzisen Aussprache des finnischen Textes. Das anspruchsvolle und tief bewegende Werk wurde im November 2022 in der Hauptkirche St. Johannis-Harvestehude Hamburg aufgeführt. Als Solisten waren zu hören: Niall Chorell, Tenor und Glenn Miller, Bass sowie Lucy de Butts, Sopran, Tiina Zahn, Mezzosopran, Anna Maria Torkel, Contra-Alt, Keunhyung Lee, Tenor und Dávid Csizmár, Bass aus den Reihen des Ensembles. Wir senden die Liveaufnahme in zwei Teilen am 8. und am 15. Januar zusammen mit einem Interview mit Klaas Stok.
Eine Sendung von Chantal Nastasi.