Spannende Einblicke ins Trödelgeschäft mit Kieler Urgestein
Seine Arbeit beginnt, wenn Familien sich von ihren Angehörigen verabschieden: Dann entscheidet Hans-Joachim Oldenburg, was in den Haushalten noch von Wert ist und verkauft unerkannte Schätze in alle Welt. Doch hinter dem Trödelgeschäft steckt harte Arbeit.
Das Schaufenster von Hans-Joachim Oldenburg fällt sofort ins Auge: Hier stapeln sich rote Teppiche, bunte Bilder, Hüte aus Stoff und Stroh, Keramik in allen Formen und Kinderspielzeug aus aller Welt. Der Trödelprofi, von allen Jochen genannt, ist ein echtes Kieler Urgestein. Kaum jemand geht nicht fröhlich grüßend an seinem Laden vorbei.
Aufgewachsen ist er im Lebensmittelgeschäft seiner Eltern, wo er schon mit zehn Jahren belegte Brötchen, Zeitungen und Schnaps verkaufte. "Ich war immer gewohnt, viel um mich rum zu haben. Ich habe noch zwei Geschwister, dann den Laden früher - da war immer Stimmung und Halligalli", erinnert sich Oldenburg. Mittlerweile hat der 78-Jährige selbst drei Läden in Kiel voll von Trödel und Antiquitäten und unterhält seine Kundschaft mit frechen Sprüchen und Anekdoten aus seinem Leben.
Das Verkaufen im Blut
Hinter Jochen Oldenburg liegt ein turbulentes Leben. Der gelernte Großhandelskaufmann übernahm kurzzeitig das Geschäft seiner Eltern, dann machten ihm Alkoholprobleme zu schaffen. Mittlerweile ist er seit 30 Jahren trocken und hat vor ebendieser Zeit seinen ersten Trödelladen eröffnet.
Ursprünglich wollte er Versicherungsmakler werden, doch die Arbeit am Schreibtisch war nichts für den Kieler. Es fehlten ihm der Kontakt und der Schnack mit den Kunden. Das hat er im Trödelgeschäft gefunden: "Ahnung haben, brauchst du am Anfang nicht. Du musst nur das Gefühl haben für das Gute", sagt der Ladenbesitzer. Er hat sich im Internet weitergebildet und tauscht sich viel mit anderen Trödelhändlern aus.
Ein Blick für verborgene Schätze
Ein paar Mal ist Oldenburg schon ein echter Glücksgriff gelungen. Als er einst einen Haushalt auflösen musste, fielen ihm unbekannte Bilder in die Hände. "Ich habe gesehen, dass das etwas ist und habe das mitgenommen. Ich habe das günstig gekriegt und dann ist das gut gelaufen." Am Ende stellten sich die Bilder als Originale heraus und gingen für 1.500 Euro weg.
Solche Schätze sind jedoch eine Seltenheit. Die meiste Ware verkauft er im ein- bis dreistelligen Bereich. Dabei ist er durch Flohmärkte über seine Läden hinaus in ganz Norddeutschland bekannt. Auf Antikmärkten in Hamburg verkauft er auch mal ein Schachspiel nach Australien oder Landgeschirr nach Amerika. "Das geht an alle Herren und Länder", sagt der Trödelprofi. "Aber viel verdienen tun wir damit nicht."
Ein zähes Geschäft
"Heute Morgen hat einer ein paar Vögel gekauft. Dann habe ich die ein bisschen preiswert gemacht und dann wollte er noch mehr mit dem Preis runter", erzählt Oldenburg. "Da meinte ich, das wird nichts, ich habe Strom zu bezahlen und Steuern, Mieten, Krankenkasse - und dann brauche ich noch 20 Euro für Aldi zum Einkaufen."
Zurzeit könnten die Geschäfte besser laufen, meint Oldenburg. Seit Corona kommen weniger Touristen in die Stadt, an die er seine Ware verkaufen kann. Außerdem machen ihm die Inflation und Energiekrise zu schaffen. Der 78-Jährige hält sich zusätzlich mit Hausmeisterjobs und Winterdiensten über Wasser. Die Schaufenster seiner drei Läden - zwei in der Langen Reihe und einer im Ziegelteich - dekoriert er regelmäßig neu, um Kundschaft anzulocken.
Hans-Joachim Oldenburg: Trödler mit viel Herz
Angelika Klingenberg arbeitet schon lange an seiner Seite und weiß die Leidenschaft des Trödlers zu schätzen: "Das ist sein Leben. Dieses Geschäft, diese Straße. Hier ist er groß geworden. Hier hat er angefangen, Geschäfte zu machen - nicht immer erfolgreich, aber immer mit viel Liebe dabei."
Jochen lässt sich nicht unterkriegen und schleppt selbst sperrige Kühlschränke und große Betten von Haus zu Haus. Zehn Jahre möchte er seine Arbeit noch fortsetzen, meint der Trödelprofi. Dann geht er auf die 90 zu.