Niederdeutsche Theatertage: Ohne Gerd Finke läuft hier nichts
Ganz egal ob es Kabel sind, die noch verlegt werden müssen, Bühnenteile fehlen, Werkzeug benötigt wird: der 70-Jährige begleitet jeden Auf- und Abbau in der Winkelscheune. Morgens ist er der Erste, abends der Letzte vor Ort.
Auch an diesem Sonntag ist das so: Im Zuschauerbereich der Winkelscheune ist schon alles vorbereitet, Decken hängen über den Stühlen. Das Tor zum Backstagebereich steht weit offen. Fehlt bloß noch das Ensemble aus Süsel, das heute die Bühne im historischen Gebäude bespielen wird. Da wird Gerd Finke fast ein bisschen ungeduldig: In dreieinhalb Stunden öffnet sich der Vorhang und im Moment verbirgt sich dahinter nichts als ein kahles Bühnenpodest.
Die Bühnen reisen mit Sack und Pack an
Es ist das Konzept der Niederdeutschen Bühnentage, dass die einzelnen Ensembles all das, was sie für ihre Inszenierung benötigen, selbst mitbringen. Bei den Süselern passt das heute alles in zwei Anhänger, dazu sind auch die Autos gut beladen. Sie kennen die Spielstätte schon, große Anweisungen muss Gerd Finke nicht geben.
Und dann wird erstmal geschleppt: blau tapezierte Holzwände, zwei Türen, Spiegel, Fenster. Ein Schreibtisch, Regale, ein Sofa, ein Fernseher und kistenweise Requisiten. Kostüme, Kosmetik und jede Menge Werkzeug - soll ja schließlich auch alles halten, was das Team jetzt auf das Podest baut.
Als Technischer Leiter Ansprechpartner für alles
Mag man kaum glauben, was zu so einem Bühnenbild alles dazu gehört, aber: "Das ist eher ein kleines Stück", sagt Gerd Finke, "wir haben das auch schon gehabt, dass die Bühnenfläche nicht ausreicht und wir zusätzlich noch was anstellen mussten, damit das dann irgendwie alles passte." Und für genau solche Fälle ist er da. Ansonsten lässt er die Ensembles lieber erst einmal ihr Ding machen, mischt sich nicht ein.
"Meine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass nachher dann alles stimmt. Dass wir keine Einsicht hinter die Bühne haben, dass alles sicher aufgebaut ist, die Notausgänge freigehalten werden. Wir bereiten das Spiellicht für die jeweiligen Techniker vor und ich kümmere mich ums Saallicht", zählt der 70-Jährige auf. Dann wird irgendwo schon wieder sein Name gerufen.
Pflege jahrelanger Freundschaften durch die Theatertage
Zu seiner Aufgabe ist er vor Jahrzehnten eher zufällig gekommen. Damals organisierte Finke als Technischer Leiter der Niederdeutschen Bühne Kiel die Gastspiele des Ensembles - unter anderem in der Winkelscheune des Freilichtmuseums. Als dann erstmals die Theatertage organisiert wurden, war er dank der Vorerfahrungen prädestiniert für diesen Job. Das ist jetzt über 30 Jahre her.
Bei der Frage, warum er das auch jetzt mit 70 Jahren noch mache, tagelang von morgens bis abends vor Ort zu sein, muss er kurz nachdenken. "Das fragt mich meine Frau auch manchmal", sagt Gerd Finke dann grinsend. "Irgendwie macht das ja auch Spaß! Und es sind über die Jahre ja auch Freundschaften entstanden und so ist das so eine Art Familientreffen."
Aus Altersgründen ist nach dieser Auflage Schluss
Trotzdem sind das jetzt die letzten Aufführungen, die er als Technischer Leiter begleitet. Er habe sich immer gesagt, mit 70 ist Schluss und daran wolle er sich halten. "Das ist doch eine Menge schwerer Arbeit, das muss ich jetzt nicht mehr haben", sagt er. "Aber das heißt ja nicht, dass ich hier gar nichts mehr mache!", meint Gerd Finke grinsend. Immerhin trägt er mittlerweile den Spitznamen "Mister Molfsee" - die Theatertage ganz ohne ihn wären wohl undenkbar.
Das Team aus Süsel hat mittlerweile alles aufgebaut, viel schneller als gedacht. Gerd Finke klettert noch eben die große Leiter hoch, damit die Scheinwerfer richtig eingerichtet sind. Während der Aufführung hat er dann Pause, kann sich in Ruhe das Stück anschauen. Und sobald sich der Vorhang schließt, wird wieder abgebaut. Jede Schraube wieder rausgedreht, jedes Dekostück wieder verstaut. Dann ist auch alles schon fürs nächste Ensemble parat - und Gerd Finke kann für heute abschließen.