Hamburger Autorin startet Volksinitiative gegen das Gendern

Stand: 19.01.2023 11:49 Uhr

Gendern als "Tyrannei"? Sabine Mertens hat die Volksinitiative "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" gestartet - und erhält Unterstützung.

von Anina Pommerenke und Benedikt Scheper

Es ist egal, ob es beim Familientreffen ist, beim Abendessen mit Freunden oder im Gespräch unter Kolleginnen und Kollegen. Fast nichts wird so leidenschaftlich diskutiert: Das Gendersternchen ist ein verlässliches Streitthema. Eingesetzt wird der Stern als Platzhalter in Personenbezeichnungen, um neben männlichen auch weibliche und nichtbinäre Personen einzubeziehen - zum Beispiel bei Lehrer*innen. Andere sagen vielleicht lieber Lehrkräfte oder Lehrende. Das aber gefällt nicht allen, im Gegenteil: Eine Frau aus Hamburg hat nun eine Volksinitiative angestoßen und will in den kommenden Wochen Unterschriften sammeln von Bürgerinnen und Bürgern, oder eben Bürger:innen.

Sabine Mertens: Gendern tauge nicht, um Wirklichkeit zu beschreiben

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Ein Logo, dass die verschiedenen Gender verdeutlichen soll © Screenshot
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Volksinitiative will Gendern abschaffen

Autorin Sabine Mertens will die Initiative auf den Weg bringen. Das dürfte die Debatte in Hamburg neu entfachen. 3 Min

Gendern ist für Sabine Mertens ein Graus. Sie ist die treibende Kraft der Hamburger Volksinitiative, die sich "Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung" nennt. Außerdem ist die 65-Jährige Vorstandsmitglied im Verein Deutsche Sprache. Seit Bekanntwerden ihrer Initiative habe sie hunderte E-Mails bekommen, nicht nur aus Hamburg. "Wir haben auch genauso viele Rückmeldungen aus allen Bundesländern, die sich an unserer Initiative ein Beispiel nehmen wollen. Und von den meisten wird Gendern als Tyrannei empfunden."

Gruppen unter anderem in Baden-Württemberg und Hessen prüften bereits Möglichkeiten eigener Volksinitiativen, inspiriert von der Hansestadt. Bekannt wurde Mertens durch ein Gerichtsurteil. Die Autorin hatte vor dem Landgericht Hamburg gegen ihren Verlag geklagt. Der hatte in einem ihrer Texte aus einem Zeichner, ohne sie zu fragen, eine zeichnende Person gemacht. Der Verlag lenkte ein. "Mich stört, dass mir die Sprache täglich aufgedrängt wird von Politik, Verwaltung, Medien. Diese Gendersprache taugt nicht dafür, die Wirklichkeit zu beschreiben. Ich bin Einwohner der Stadt Hamburg und nicht eine einwohnende Person. Wer gendern möchte, darf das gerne weiter tun. Wir möchten aber von Institutionen, dass die in der Standardsprache sprechen und schreiben."

Gendern polarisiert

Ganz anders sieht das Johanna Usinger. Die Kommunikationstrainerin berät Institutionen, wie sie gendergerecht sprechen können. Das sei nötig, um alle Geschlechter sprachlich abzubilden. Usinger ist grundsätzlich gegen Verbote, was die Verwendung von Sprache betrifft, egal ob pro oder contra Gendern. "Das ist erst einmal ein ganz normaler Prozess, dass Sprache sich verändert. Das verunsichert manche, weil es sich erst einmal falsch anfühlt", erklärt sie. Manche sagten dann, dass die Sprache verhunzt werde. "Aber Sprachveränderung ist ganz normal und so werden wir uns auch daran gewöhnen. Wir sehen einfach, dass viele Gruppen in unserer Gesellschaft schon längst gendergerecht sprechen und dass das dort Normalität ist und auch so empfunden wird", so Usinger.

Unabhängig von sprachlichem Wandel und sozialen Argumenten ist Gendersprache in der Bevölkerung nach wie vor umstritten. Verschiedenen Umfragen zufolge lehnen etwa zwei Drittel der Deutschen eine gendergerechte Sprache ab. Sabine Mertens wartet aktuell auf die rechtliche Überprüfung des Landeswahlleiters. Sollte ihr Abstimmungstext gesetzeskonform sein, könnte die Initiative ab Februar Unterschriften gegen das Gendern sammeln. In einem ersten Schritt müsste sie 10.000, später dann 65.000 Unterschriften zusammenbekommen, damit die Volksinitiative in Hamburg zur Abstimmung kommt.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Infoprogramm | 19.01.2023 | 11:35 Uhr

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