Anthony Hopkins als Anthony und Olivia Colman als Anne in einer Szene des Films "The Father" © Sean Gleason/Tobis Film/dpa

"The Father" im Ersten: Anthony Hopkins brilliert in Demenzdrama

Stand: 19.07.2024 22:20 Uhr

2021 erhielt Anthony Hopkins seinen zweiten Academy Award als bester Hauptdarsteller in "The Father" und wurde so zum ältesten Oscar-Gewinner aller Zeiten. Der Film steht bis zum 17. August in der ARD Mediathek.

von Bettina Peulecke

Hopkins spielt einen demenzkranken Mann in der Verfilmung des Theaterstücks "Der Vater" von Florian Zeller, einem der renommiertesten Dramatiker Frankreichs. Der Film heißt "The Father" .

"Ich hab' keine Ahnung, wer diese Frau ist. Ich habe sie um nichts gebeten. Ich brauche sie nicht. Ich brauche niemanden!" Filmzitat

Man glaubt es ihm aufs Wort, wenn man diesen rüstigen Mann mit dem schlohweißen Haar und den wachen Augen sieht. Er ist eine kultivierte Erscheinung in einer gepflegten Wohnung. Eine Pflegerin, wofür sollte dieser distinguierte ältere Herr, der gern Opern hört, die brauchen? Dass es sich bei "The Father" um ein Demenz-Drama handelt, wird erst langsam klar.

"The Father": Drama aus Perspektive eines Demenzkranken

Wenn man nicht wüsste, worum es geht - die ersten Sequenzen könnten auch der Auftakt zu einer verworrenen Kriminalgeschichte sein. Denn die Informationen scheinen nicht zusammenzupassen. Mal ist Anthony, so heißt die von Anthony Hopkins dargestellte Figur, vollkommen Herr der Situation, doch plötzlich sieht die Wohnung ganz anders aus als eben, und seine Tochter Anne, ebenbürtig und großartig gespielt von Olivia Colman, hat jetzt eine andere Bluse an als gerade - oder etwa nicht? Und dann ist besagte Pflegerin bereits da und Anthony erhebt schwere Vorwürfe:

"Sie hat mich bestohlen." - "Angela? Sicher nicht, wie kommst du darauf?" - "Ich sage dir, sie hat mir meine Uhr gestohlen." - "Deine Uhr? Hast du sie nicht vielleicht eher verloren?" - "Nein. Ich hatte sie schon in Verdacht, also habe ich ihr eine Falle gestellt. Ich habe meine Uhr offen hingelegt, um zu sehen ob sie sie einsteckt, oder..." - "Wo? Wo hast du sie hingelegt?" - "Keine Ahnung, das weiß ich nicht mehr..." Filmzitat

Natürlich ist Anthony eindeutig bei klarem Verstand - und wenn nicht, dann bastelt er sich eine Erklärung zurecht. Als Zuschauende erleben wir die Welt fast ausnahmslos, wie Anthony sie sieht. Zeiten, Orte und Personen, all diese Bezüge vermischen sich in seinem Kopf. Eben gab es noch Kaffee und Kuchen, jetzt ist plötzlich Abendessen mit Rotwein angesagt. Subtile Veränderungen im Szenenbild unterstreichen den Ebenenwechsel. Wenn das Bild über dem Kamin fehlt, ist klar, dass Anthony sich in einer anderen Zeit befindet. Selten sieht man seine aufopferungsvolle Tochter, wie sie ihrer zunehmenden Verzweiflung freien Lauf lässt. Oder ein Ehemann taucht plötzlich auf und liest Anthony unverblümt die Leviten.

Anthony Hopkins: Oscar zweifelsohne verdient

Filme wie "Still Alice", in dem Juliane Moore für ihre Darstellung einer an Alzheimer erkrankten Professorin den Oscar erhielt, Till Schweigers "Honig im Kopf" oder - zurzeit ebenfalls im Kino - Viggo Mortensens Regiedebüt "Falling" beschäftigen sich mit dem Thema Demenz und leben immer entscheidend von der Stärke ihrer Darstellerinnen und Darsteller.

Im Film ist Hopkins als Anthony nuancenreich, mal böse-bissig, mal unerträglich starrköpfig, kann aber auch als jugendlicher Charmebolzen daherkommen und hat den Oscar zweifelsohne verdient. Der Franzose Florian Zeller gehört zu den renommiertesten Dramatikern der Gegenwart - für das Drehbuch zu seinem Theaterstück erhielt auch er, zusammen mit seinem Co-Autor Christopher Hampten, den Oscar. Sein Regiedebüt ist ein exzellentes Mosaik, eine herzzerreißende Darstellung dessen, was passiert, wenn man seiner eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen kann.

The Father

Genre:
Drama
Produktionsland:
Vereinigtes Königreich
Zusatzinfo:
mit Anthony Hopkins, Olivia Colman, Imogen Poots, Evie Wray, Rufus Sewell, Olivia Williams, Mark Gatiss
Regie:
Florian Zeller
Länge:
98 Minuten
FSK:
ab 6 Jahre
Kinostart:
26. August

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Kultur | 24.08.2021 | 07:55 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Spielfilm

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Zwei Gladiatoren in einer Arena im Lederoutfit kämpfen miteinander - Szene mit Paul Mescal (links) und Pedro Pascal aus "Gladiator II" von Ridley Scott © Paramount Pictures Germany

Filme 2024: Diese Highlights kommen im Herbst

Bis Weihnachten locken Blockbuster wie "Gladiator 2" und "Konklave" von Edward Berger ins Kino. Auch von Nora Fingscheidt und Andreas Dresen gibt es Neues. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Janine Jansen mit Violine vor dem Körper © Decca Marco Borggreve Foto: Decca Marco Borggreve

Livestream: Sakari Oramo & Janine Jansen

Janine Jansen spielt eine Deutsche Erstaufführung von Britta Byström. Sakari Oramo bringt Elgars Zweite Sinfonie zum NDR EO. Video-Livestream

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?