Von Hollywood verworfen: Soundtracks, die nie ins Kino kamen
Die Musik Ihres Lieblingsfilms hätte auch ganz anders klingen können - denn dass Hollywood-Studios oder Regisseure Komponisten den Laufpass geben und Filmmusik komplett neu schreiben lassen, kommt öfter vor, als man denkt.
Gabriel Yareds Musik für das Historien-Spektakel "Troja" klingt bombastisch: Sein "Main Theme" für das Werk von Wolfgang Petersen durchziehen monumentale, opernhafte Klänge, aufgenommen mit einem riesigen Orchester und Chor.
Doch Yareds Komposition hat es nie in den fertigen Film geschafft. Als die ersten Testvorführungen liefen, hieß es: zu altmodisch, zu wuchtig. Also musste Yared gehen - und James Horner sprang ein. Der 2015 gestorbene Komponist war berühmt für seine Effizienz. Innerhalb weniger Wochen lieferte er einen komplett neuen Score.
Abgelehnte Filmmusik hat eine lange Geschichte
Damit ist "Troja" kein Einzelfall, wie eine aktuell laufende Filmreihe im Filmkollektiv Frankfurt zeigt. Dort ist eine ganze Anzahl von Filmen zu sehen, bei denen im letzten Moment die Musik ausgetauscht wurde. "Die Auswahl der Filme soll widerspiegeln, dass Filmmusiken gerade in Hollywood schon immer von sogenannten 'Rejections' betroffen waren, vom Beginn des Tonfilms bis heute", erklärt der Filmwissenschaftler Sebastian Schwittay, der die Reihe kuratiert hat.
Die Gründe, warum eine Filmmusik im Verlauf der Produktion abgelehnt werden kann, sind vielfältig, so Schwittay. Manchmal liege es an der schlechten Kommunikation zwischen Komponist und Regisseur. "Es kann aber auch sein, dass sich das Studio umentscheidet und den Film nochmal komplett anders ausrichten will. Durch diese musikalische Neuausrichtung bekommen Filme ganz oft eine andere Persönlichkeit".
"Last Man Standing": Ry Cooder übernimmt
Ein Beispiel dafür: Walter Hills Western-Actionfilm "Last Man Standing" von 1996 mit Bruce Willis. Elmer Bernstein, eine Legende in Hollywood, lieferte einen klassischen Score ab, der an seine Western-Soundtracks der 1950er- und 1960er-Jahre erinnert. Doch das Studio wollte etwas Moderneres - und so kam Ry Cooder ins Spiel. Statt nostalgischem Western-Feeling lieferte der US-Gitarrist bluesige, Saxophon-lastige Musik im Stil eines Film Noir.
Ein anderes Beispiel: "Frenzy", Alfred Hitchcocks Thriller von 1972. Ursprünglich war Henry Mancini für die Musik zuständig. Der Komponist des Pink-Panther-Themas schrieb einen nach Gothic-Horror klingenden Score, der auf eine mächtige Orgel setzte. Doch Hitchcock war das zu "dunkel und grausam", wie er es damals formulierte. Der legendäre Filmemacher wollte etwas Leichteres. Also wurde Mancinis Musik gestrichen und Ron Goodwin, der "Miss Marple"-Komponist, schrieb einen neuen, prunk- und schwungvolleren Soundtrack.
Filmmusik-Labels bringen abgelehnte Soundtracks heraus
Meistens verschwanden diese verworfenen Filmmusiken in den Archiven. Doch in den letzten 25 Jahren wurden immer wieder fast vergessene Score-Schätze geborgen und auf engagierten und umtriebigen Filmmusik-Labels wie Film Score Monthly, Intrada, Kritzerland oder Quartet Records veröffentlicht. Unzählige Filmmusik-Fans freuen sich immens darüber - und werfen immer mal wieder die Frage auf, ob der "ungeborene Soundtrack-Zwilling" in manchen Fällen nicht spannender gewesen wäre.
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