Kolumne: "Streit ums erste Smartphone"
Heutzutage wünschen sich Kinder immer früher ein Smartphone. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung empfiehlt ein Handy ab etwa zwölf Jahren. Eltern sollten die Geräte in den Einstellungen kindersicher machen.
Ewig hat Lea auf ihren 12. Geburtstag gewartet. Ihre Eltern hatten ihr nämlich versprochen, dass sie dann endlich ihr erstes, eigenes Handy bekommt. In Leas Umkreis herum haben bereits alle eins, daher konnte sie den Tag kaum erwarten. An ihrem Geburtstag riss sie endlich das Geschenk auf, schaltete das neue Handy an und dann, dann entglitten ihr sämtliche Gesichtszüge. Denn auf dem Handy war kein WhatsApp installiert. Sie war enttäuscht. Niemand sonst aus ihrem Umkreis nutzt datenschutzsichere Messenger-Dienste. Alle nutzen WhatsApp.
Ihre Eltern meinten dazu nur, sie sei eben noch keine 16 Jahre alt und sie könne ja als gutes Beispiel voran gehen, unter ihren Freundinnen. Lea will aber nicht noch mehr stigmatisiert werden in Sachen Handy, wenn auch im Guten. Und sie findet es natürlich unfair, dass ihre Eltern eigentlich auch nur WhatsApp nutzen.
Kinder vor Gefahren im Netz schützen
Ich kann nur spekulieren, warum Leas Eltern so gehandelt haben. Vielleicht haben sie selbst ungute Erfahrungen gemacht und wollen Lea schützen, vor Datenklau oder irgendwelchen kriminellen Geschichten. Diese Diskrepanz aber, zwischen den Regeln, die die Eltern aufstellen und ihrem eigenen Verhalten, die empfinde ich persönlich auch als unfair.
Prinzip des gemeinsamen Wohls anwenden
Vielleicht wäre es eine Möglichkeit gewesen, das sogenannte Prinzip des gemeinsamen Wohls anzuwenden. Das ist ein ethisches Konzept. Es zielt darauf ab, das Wohl aller Beteiligten zu berücksichtigen, also im Fall der Ersteinrichtung des Handys die Beweggründe der Eltern, aber auch die Interessen von Lea und ganz global das Wohl der Gesellschaft. Das Gemeinwohlprinzip will, dass die Welt gerechter wird, dass die Rechte aller Menschen gewahrt sind.
Eltern und Kinder - Bewusster Umgang mit dem Smartphone
Vielleicht ist es ja eine Möglichkeit, sich vor dem ersten Handykauf zusammenzusetzen und alle Argumente zusammenzutragen, von allen Seiten und Beteiligten, auch die globalen wie Jugend- und Datenschutz, und natürlich auch sämtliche Befürchtungen, die Kinder und Jugendliche haben - vor Stigmatisierung und Mobbing. Vielleicht würde sich dann etwas anderes ergeben, zum Beispiel, dass alle in der Familie die gemeinsamen Ideen umsetzen. Vielleicht haben dann alle wenigstens zwei Messengerdienste installiert, nämlich einen gebräuchlichen wie WhatsApp und einen, der die Privatsphäre schützt?
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Jede Woche vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.