Lungenkrebs: Überlebensrate steigt dank neuer Therapien
Lungenkrebs ist eine der gefährlichsten bekannten Tumorerkrankungen. Die LungenClinic in Großhansdorf erforscht und behandelt sie auch in fortgeschrittenen Stadien erfolgreich.
Anfang dieses Jahres bekam Viola Bartsch die Diagnose Lungenkrebs, Stadium IV. Eine Aussicht auf Heilung gibt es für sie nicht. "Ich habe Metastasen von der Schädeldecke bis zum Knie", erzählt sie und ergänzt, dass sie mit dieser Diagnose nie gerechnet habe. Sie sei immer gesund gewesen, sportlich und habe auch nicht geraucht. Viola Bartsch hatte Rückenschmerzen - damit ging alles los und die wurden schlimmer und schlimmer, erinnert sich die 56-Jährige.
Das Tückische: Die Lunge spürt man nicht
Die Früherkennung von Lungenkrebs ist oft ein Problem. Die Lunge verfügt über keine Schmerzrezeptoren, deshalb sind Erkrankte oft lange symptomfrei und der Lungenkrebs bleibt unbemerkt. Wenn Betroffene über Beschwerden wie Luftnot oder Bluthusten klagen, ist die Krankheit meist schon weit fortgeschritten, in einem Stadium III oder IV. Eine Heilung sei dann praktisch ausgeschlossen, erklärt Prof. Martin Reck Chefarzt der Onkologie der LungenClinic Großhansdorf. Pro Jahr werden in der Spezialklinik etwa 12.000 Patienten behandelt. Seit Jahren forscht die LungenClinic mit anderen klinischen und universitären Einrichtungen gemeinsam. Gerade laufen gleichzeitig 18 verschiedene Studien in der Klinik.
Hauptursache für Lungenkrebs sei das Rauchen, doch 25 Prozent der Erkrankten weltweit rauchten nicht, erläutert der Mediziner. Laut Krebsregister Schleswig-Holstein erkranken Menschen im Durchschnitt im Alter von 75 Jahren. Es zeichne sich aber auch ein leichter Anstieg bei jüngeren Patienten ab, die um die 45 Jahre alt seien, sagt Prof. Martin Reck.
Überlebensrate steigt
2021 verstarben in Schleswig-Holstein etwa 2.000 Menschen an Lungenkrebs. Vor zehn Jahren lag die Überlebensrate für Patienten mit einem fortgeschrittenen Lungenkrebs noch bei unter acht Prozent. Mit Hilfe von Immuntherapie und zielgerichteten Medikamenten ist die Überlebensrate inzwischen auf 20 bis 30 Prozent gestiegen.
Keine Heilung, aber gute Lebensqualität
Patienten mit einer metastasierten Lungenkrebserkrankung zu stabilisieren, ihnen lange eine gute Lebensqualität zu ermöglichen, darum geht es den Medizinern. Eine Heilung ist in diesem Krankheitsstadium nicht möglich. Aber den Patienten Lebensjahre zu schenken, in denen sie völlig normal leben können, sei das Ziel. "Wir möchten die Krebserkrankung umwandeln in eine Krankheit, die wie eine chronische Erkrankung verläuft", sagt Chefarzt Martin Reck.
Durch Chemotherapie oder Bestrahlung erreiche man meist, dass sich die Tumore verkleinern. Allerdings kommt es nach der Behandlung fast immer zu einem erneuten Wachstum, beschreibt Marlitt Horn, Oberärztin der Onkologie. Durch die neuen Behandlungsmethoden könne dies gestoppt werden. Entweder über die sogenannte Immuntherapie oder über eine Tablette, die man regelmäßig einnehmen muss.
Immuntherapie ambulant und ohne schwere Nebenwirkungen
Bei der Immuntherapie bekommen die Patienten in regelmäßigen Abständen eine Infusion mit Antikörpern, die auf die Krebszellen wirken. "Das bedeutet wir behandeln gezielt, indem wir das Immunsystem unterstützen, die Krebszellen zu erkennen“, sagt Dr. Marlitt Horn. Alle Nebenwirkungen, die sich bei einer Chemotherapie ergeben, wie Übelkeit oder Schwäche, treten bei dieser Art der Therapie nicht auf. Die Patienten seien nicht beeinträchtigt, heißt es von den Ärzten. Viele Patienten können weiterarbeiten, verreisen, ihr Leben ganz normal führen. Diese Behandlung findet ambulant statt, genau wie die Einnahme zielgerichteter Medikamente.
Welche Therapie angewendet wird, hängt vom Tumorprofil jedes einzelnen Patienten ab. Jede Tumorprobe wird für diese ärztliche Entscheidung genetisch untersucht und auf Veränderungen oder Mutationen überprüft.
Bei Viola Bartsch schlägt die Therapie in Tablettenform gut an. Jeden Tag immer um die gleiche Uhrzeit muss sie sie einnehmen. Früher war sie Sportlerin, das werde sie sicher nicht wieder erreichen, sagt sie. Doch sie kann wieder Fahrrad fahren. Das war vor ein paar Monaten noch undenkbar für sie.