Hamburg: Abwärme von Servern heizt Turnhalle
Rechenzentren sind nicht nur Stromfresser sondern können auch Energielieferanten sein: Ein Hamburger Rechenzentrum zeigt, wie es geht.
Mal eben die E-Mails auf dem Smartphone checken oder an einer Videokonferenz teilnehmen: Je weiter die Digitalisierung voran schreitet, desto mehr Rechenzentren werden gebraucht. Das Problem: Rechenzentren sind richtige Stromfresser, allein in Deutschland gibt es etwa 50.000 in allen möglichen Größenordnungen. Wie also lassen sich Rechenzentren effizienter machen? Ein Rechenzentrum in Hamburg-Alsterdorf ist als Erstes in seiner Kategorie in Deutschland mit einem Blauen Engel ausgezeichnet wurde. Damit gilt es als besonders energieeffizient und ressourcenschonend.
Sicherheit trifft Nachhaltigkeit
Sicherheit ist das oberste Gebot im Colocation-Rechenzentrum von Akquinet. Denn hier werden auf zwei Stockwerken unter der Erde unter anderem Informationen der öffentlichen Verwaltung aus Hamburg und Schleswig-Holstein gespeichert. Deswegen kommen nur wenige Personen hinter die Sicherheitstür. Die acht Systemräume sind jeweils 200 Quadratmeter groß und haben Platz für 63 Serverschränke. Beim Betrieb laufen die Server warm und müssen deswegen ständig mit einem Luftstrom gekühlt werden, erklärt Chef Thomas Tauer. Die Kühlung ist gemeinsam mit der IT einer der größten Stromfresser in einem Rechenzentrum: "Früher hatte man die Geräte mit einer Luft von etwa 17 Grad beaufschlagt, 25 Grad in der Zuluft für die IT-Geräte ist hingegen völlig effizient. Je höher wir hier die Temperatur wählen, umso weniger Energie brauchen wir natürlich zum Kühlen."
Im Winter wird mit Außenluft gekühlt
Die warme Server-Luft wird über große Wärmetauscher in der Wand angesaugt und mit Hilfe von kaltem Wasser in Rohren abgekühlt. Dann wird die kalte Luft von Ventilatoren zurück zu den Servern geleitet. Das kalte Wasser für die Kühlung entsteht in zwei separaten Räumen. Aus Sicherheitsgründen ist alles mindestens doppelt vorhanden. Fällt mal eine Maschine aus, gibt es immer ein Sicherheitsnetz. Tauer und sein Team haben deswegen auf Kühlmaschinen gesetzt, die besonders wenig Strom brauchen, wenn sie nicht auf vollen Touren laufen. Denn eine volle Auslastung wäre die Ausnahme. Wie die Maschinen abschneiden, haben Ingenieure vorher genau berechnet: "In den kälteren Monaten mit einer Außentemperatur von 12 Grad oder kleiner brauchen wir diese Maschine gar nicht. Im Winter können wir dann einfach mit der Luft draußen - das nennt sich freie Kühlung - agieren. Im Winter wird diese Maschine gar nicht benutzt und wir sind dann wesentlich effizienter."
Firma setzt sich für neue Standards ein
Es gibt etliche Stellschrauben in einem Rechenzentrum, mit denen Strom eingespart werden kann. Tauer und sein Team haben einen regelrechten Ehrgeiz entwickelt, den Stromverbrauch immer weiter zu optimieren. Für einen möglichen Stromausfall gibt es zum Beispiel Dieselaggregate. Sie müssen stets vorgeheizt sein, damit sie bei Bedarf schnell anspringen: "Da hatten wir die Vorgabe, auf 60 Grad Wassertemperatur vorzuheizen. Dem haben wir aber widersprochen. Wir konnten erreichen, dass wir nur auf 30 Grad hochheizen müssen. Das hat uns dann auch einiges an Stromverbrauch eingespart."
Die Schweden machen es vor
Ein Teil der Abwärme des Rechenzentrums wird außerdem genutzt, um eine Turnhalle zu wärmen. Dank all dieser Maßnahmen erzielt Akquinet in Alsterdorf einen besonders guten PUE-Wert. Das ist der Gesamtstromverbrauch des Gebäudes, geteilt durch den IT-Stromverbrauch. Je näher die Zahl gegen 1 geht, desto besser. Das Alsterdorfer Rechenzentrum schafft einen Jahreswert von 1,25. Ein sehr guter Wert für ein Rechenzentrum mit dieser Leistungs- und Sicherheitsstufe. Gerade beim Thema Abwärmenutzung hat Deutschland aber noch Nachholbedarf, sagt Ralph Hintemann, Gesellschafter vom Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit: "In Schweden, insbesondere in Stockholm, sind schon viele Rechenzentren an das Fernwärmenetz angeschlossen. Sowas gibt's bei uns in Deutschland praktisch noch gar nicht. Einige Rechenzentren nutzen die Abwärme für angrenzende Bürogebäude oder Schwimmbäder. Aber wir stehen da praktisch noch ganz am Anfang."
Rechenzentren besser auslasten
Der Energiebedarf von Rechenzentren habe seit 2010 um mehr als 60 % zugenommen, so Hintemann. Ein weiterer Anstieg sollte unbedingt vermieden werden: "Rechenzentren werden heute oft nicht besonders gut ausgelastet, teilweise nur zwischen 20 und 50 %. Wenn wir die Rechenzentren deutlich stärker auslasten, könnten wir viel Rechenzentrenkapazitäten einsparen und dadurch Energie und Ressourcen einsparen." Ohne Rechenzentren keine Digitalisierung. Aber das Ziel muss sein, sie effizient zu betreiben und die Energie, die in Wärme verwandelt wird, möglichst weiterzuverwenden.