"Hand in Hand": Patchwork nähen gegen die Einsamkeit
Die Patchworkgruppe in Greifswald schneidet, bügelt und näht seit fünf Jahren einmalige Decken und andere Arbeiten. Auch wer nicht nähen kann, kommt gerne vorbei, um zu plaudern. Aber mit dem Platz wird es langsam eng. Die NDR Aktion "Hand in Hand für Norddeutschland" sammelt Spenden, um zu helfen.
"Annette, wir nähen jetzt den Stoff hier zum Viertel, lassen hier frei und nähen hier weiter." Grudrun Mauthe ist voll in ihrem Element. Die Leiterin und Initiatorin der Patchworkgruppe im Mehrgenerationenhaus der "Aktion Sonnenschein" in Greifswald (Landkreis Vorpommern-Greifswald) zeigt Annette Laudon gerade die Patchwork-Technik. "Jetzt legen wir das hier schön ran, dass alles übereinander passt. Dann nimmst du die Stecknadeln und steckst das so zusammen." Fünf Frauen sitzen gemeinsam am Tisch. Eine bedient die Nähmaschine, eine schneidet die Stoffe zu, die anderen arbeiten mit Nadel und Faden. An den Wänden hängen die neuesten Arbeiten: bunte Stoffstreifen mit vielen Dreiecksformen.
Patchwork: Handwerk mit uralter Tradition
"Mit diesen Dreiecksformen kann man wunderschön gestalten. Wir haben diese Dreiecke zu Windmühlen zusammengefasst." Gudrun Mauthe ist es ein besonderes Anliegen, diese traditionelle Näh-Technik am Leben zu erhalten. Die ältesten bekannten Stücke aus Flickwerk stammen aus dem ersten Jahrtausend vor Christus. In Europa werden seit dem Hochmittelalter Flicken aus verschiedenen Materialien zu neuen Textilien verarbeitet. "Die Muster, die Sterne, die haben alle einen Namen und werden von Generation zu Generation weitergegeben. Aber dieses Erbe geht langsam verloren." Junge Menschen hätten wenig Zeit zum Nähen, sagt sie. Hier im Generationenhaus ist es ein Grund, um zusammenzukommen.
Nähen verbindet Menschen
"Das ist schön gegen die Einsamkeit. Ich bedaure das sehr, dass ich das nicht schon früher gefunden habe", berichtet Annette Laudon. Die Gruppe gibt es seit 2019, die Greifswalderin ist seit zwei Jahren dabei. "Ich komme hierher, weil mich das interessiert und weil ich die Leute treffe, die für genau das Gleiche brennen."
"Hier habe ich Menschen zum Klönen. Wir lachen und machen Scherze, erzählen uns das Persönlichste und lernen noch dazu." Patchwork-Besucherin Hannelore Sander
Das sieht auch Hannelore Sander so. Sie ist schon länger dabei. "Ich wohne alleine und hier habe ich Menschen zum Klönen. Wir lachen und machen Scherze, erzählen uns das Persönlichste und lernen noch dazu." Und Dagmar Wollwage geht es ebenfalls um die Geselligkeit: "Ich habe noch einen Mann, aber ich brauche diesen Erfahrungsaustausch, das Miteinander mit den Leuten. Selbst Nähen macht keinen Spaß, wenn man das nicht in einer Runde zusammen macht."
Niedrigschwellige Angebote für alle
Die Stoffe bekommt die Gruppe oft von Anwohnern aus der Gegend. Gerade kommt Kathrin Schulz-Jokiel vorbei. Die Leiterin des Mehrgenerationenhauses hat eine Kiste voller bunter Stoffe im Gepäck. "Einsamkeit ist ja ein gesamtgesellschaftliches Problem. Und wir versuchen mit unseren Angeboten, die Leute zu uns zu holen." Neben der Patchwork-Gruppe gibt es auch Kaffeerunden, Nähzirkel, Treffen zum Platt schnacken und Krabbelgruppen für junge Familien. Jeder kann ohne Anmeldung vorbeikommen. Aber der Platz am Patchwork-Tisch, der auch für andere Gruppen genutzt wird, wird langsam knapp. Die Spendenaktion "Hand in Hand für Norddeutschland" könnte Abhilfe schaffen.
"Hand in Hand für Norddeutschland" sammelt Spenden
"Ich würde total gerne einen großen Tisch haben, den man bei Bedarf auch ausziehen kann. Und dazu passende Stühle", sagt Kathrin Schulz-Jokiel. "Gerade das Zusammenkommen an einem Tisch ist ja wichtig, gerade auch, wenn es um das Thema Einsamkeit geht." Schön wären auch kleinere Dinge zum Patchworken und eine neue Zuschneidemaschine. Außerdem würde die Gruppe gerne die Partnerstadt Golienów besuchen. Dort gibt es auch ein Mehrgenerationenhaus. "Während Corona sind da auch Freundschaften entstanden. Wir haben uns online getroffen, wir haben auch schon Besuch aus Golienów bekommen. Aber wir würden gerne im nächsten Jahr noch mit einigen aus dem Haus dorthin fahren."