Hand in Hand: Der Traum vom barrierefreien Angelsteg in Güstrow lebt
Oliver Maruhn ist leidenschaftlicher Angler und Pfleger in einer Wohnstätte der Lebenshilfe in Güstrow. Sein großer Traum: Er würde gern irgendwo in der Umgebung einen barrierefreien Angelsteg bauen.
Einfach mal angeln gehen - Oliver Maruhn weiß aus Erfahrung: Für viele Menschen mit Behinderung ist das nicht drin. Früher hat er nicht verstanden, warum es immer wieder traurige Blicke gab, wenn er Fotos von seinen jüngsten Fängen gezeigt hat. "Ich hab gesagt: 'Das könnt ihr doch auch machen!'" Dann musste er lernen, dass das nicht stimmt. Der 23-jährige Tobias Viola zum Beispiel, der im dreistöckigen Haus der Lebenshilfe am Diestelberg in Güstrow ganz oben in der jüngsten Wohngruppe lebt, ist seit seiner Geburt geistig behindert. Er weiß genau, wie man mit einer Angelrute umgeht, was erlaubt ist und was nicht. Einen richtigen Fischereischein hat er trotzdem nicht. Er darf sein Hobby nur mit einem Betreuer an der Seite ausüben, denn er kann weder lesen noch schreiben.
Ämter können Extraprüfungen anbieten
Christoph Wittek vom Landesanglerverband erklärt: "In Mecklenburg-Vorpommern können die Ordnungsämter zwar Prüfungen abnehmen, bei denen die Fragen extra vorgelesen werden. Und manche fahren sogar extra zu den Prüflingen hin, wenn die nicht so mobil sind. Aber das ist eine Kann-Bestimmung, sie müssen es nicht." Eigentlich ist das in seinen Augen nicht mehr zeitgemäß. Andererseits sei das Personal vielerorts so knapp, dass die Ämter den Extra-Aufwand ganz einfach nicht leisten können.
Großes Vorbild: Marlow
Oliver Maruhn hat sich kurzerhand angewöhnt, die Bewohner vom Diestelberg auf seine Angeltouren mitzunehmen. Wobei auch das nicht so einfach ist. Einige von ihnen haben auch körperliche Handicaps und kommen mit dem Rollstuhl oft gar nicht erst an Seen und Flüsse. Maruhn schwärmt: "Marlow hat eine barrierefreie Angelstelle, die haben wir mal auf einer Floß-Tour kennengelernt. Danach haben wir uns gefragt: Warum gibt es so 'was in Güstrow nicht?"
Steg mit Fallschutz und Fischrutsche
Einen zehn Meter langen Steg mit Fallschutz rundherum und breit genug für Rollstuhlfahrer - den hätte Oliver Maruhn gerne am Güstrower Inselsee. Auch eine Fischrutsche wäre schön, sagt er: "Einer von uns ist rechtsseitig gelähmt. Der würde seinen Fang sonst gar nicht aus dem Wasser kriegen." Tobias Viola ist begeistert von der Idee, nicht zuletzt weil der See viel zu bieten hat - vom kleinsten Barsch bis zum großen Hecht.
LAV bietet Unterstützung an
Eine Reihe tatkräftige Helfer hat den Anglern schon zugesagt, dass sie mit anpacken würden. Was fehlt, ist Geld für Baumaterial. Ob auch die Stadt mitspielt, ist bisher nicht klar. Christoph Wittek vom Landesanglerverband immerhin hat bereits seine Unterstützung zugesagt. Er hat schon einige Erfahrung mit solcherlei Stegen. Einer existiert bereits am Wasserwanderrastplatz in Marlow, ein zweiter an der Müritz-Elde-Wasserstraße bei Parchim. Darüber hinaus plant der Verband jetzt auch am Latzigsee bei Uecker-Randow, am Wockersee bei Parchim und am Badekanal in Demmin aktiv zu werden.