Besuch bei der Tafel in Hamburg-Eidelstedt
Weil es weniger Lebensmittelspenden bei steigendem Bedarf gibt, wird die Arbeit der Hamburger Tafeln schwieriger. Deshalb werden bei der NDR Aktion "Hand in Hand für Norddeutschland" Spenden für die Tafeln gesammelt.
Marko Becker strahlt, als er zufällig auch einen eingepackten Kuchen bekommt: "Das ist mein nachträglicher Geburtstagskuchen. Ich bin vor ein paar Tagen 50 geworden." Der Familienvater kommt alle 14 Tage zur Ausgabestelle der Tafel in Eidelstedt. "Wir sind zu dritt. Mein achtjähriger Sohn, meine Verlobte und ich."
Auswirkungen des Ukraine-Krieges auch bei den Tafeln spürbar
Die Folgen des Ukrainekrieges bringt auch die Tafeln in Not: gestiegene Sprit- und Energiekosten, weniger Lebensmittelspenden und mehr Hilfsbedürftige. Die NDR Benefizaktion "Hand in Hand für Norddeutschland" sammelt deshalb auch Spenden für die Tafeln, damit mehr Menschen die wichtige Unterstützung erhalten können - so wie Marko Becker.
Ukraine-Krieg: Inflation und Preise steigen immer weiter
Er und seine Familie müssen von Hartz IV. leben. Marko Becker ist schon vor dem Ukraine-Krieg regelmäßig zur Lebensmittel-Ausgabe gekommen. Anfangs war er unsicher, ob er zur Tafel gehen sollte oder nicht. "Man muss sich erstmal überwinden. Aber man braucht sich nicht zu schämen."
Nun spüren auch seine Familie und er die Auswirkungen des Krieges besonders deutlich. Das Geld ist knapp, gerade jetzt: "Die Preise steigen ins Unermessliche. Wenn ich früher einkaufen war, hatte ich für 50 Euro zwei volle Tüten. Jetzt ist es nicht einmal mehr die Hälfte."
Lange Schlangen an der Ausgabestelle der Tafel in Eidelstedt
Vor der Anmeldung stehen die Leute Schlange. Jeder ist zu einer bestimmten Uhrzeit an der Reihe. Was er an Lebensmitteln mit nach Hause nehmen kann, weiß Marko Becker vorher nicht. Die Tafel, sagt er, sei wie eine Wundertüte: "Man weiß nie, was drin ist. Und man nimmt das, was man kriegen kann." Die Ausgabestelle im Nachbarschaftstreff "ReeWie" wird von der Kirchengemeinde koordiniert. Die Hamburger Tafel sammelt die Lebensmittel ein und bringt sie zur Ausgabestelle in Eidelstedt.
"Aus wenig mach mehr"
An verschiedenen Stationen können sich Marko Becker und die anderen Besucherinnen und Besucher Lebensmittel abholen. In einer fertig gepackten sogenannten Überraschungstüte ist unter anderem eine Packung Stampfkartoffeln. Am nächsten Ausgabetisch gibt es Brot.
Auch die Ehrenamtlichen in Eidelstedt beobachten, dass es immer weniger Lebensmittelspenden gibt. "Heute haben wir viel Brot, auch Brötchen, aber nur wenig Käse und Aufschnitt", sagt Jan aus dem Tafel-Team. Die Lebensmittelspenden sind rückläufig, viele Tafeln haben bereits Aufnahmestopp. Marko Becker kann heute auch noch eine Tüte Obst und Gemüse in seinen Einkaufs-Trolley packen. Der 50-Jährige ist zufrieden. "Daraus kann man viel machen. Ich sage immer: Aus wenig mach mehr."
Gekocht wird, was vorhanden ist
Zu Hause in der Wohnung breitet Marko Beckers Verlobte, Anna Eis, die Lebensmittel auf dem Küchenschrank aus. Die Bestandsaufnahme entscheidet mit über die Essensplanung der kommenden Tage. "Wenn wir Obst oder Gemüse kriegen, muss ich mir überlegen, was wir daraus machen." Diesmal kommen ihr die Möhren gerade recht, sie passen perfekt in die Hackfleischsoße. Marko Becker freut sich über den Hustentee. Da er erkältet ist, kommt der wie gerufen: "Manchmal habe ich das Gefühl, die können Gedanken lesen bei der Tafel."
Das Wohnzimmer der Familie ist weihnachtlich geschmückt. Eine blinkende Spieluhr auf dem Couchtisch sorgt für Adventsstimmung. Peer Samuel, der 9-jährige Sohn, singt die Weihnachtslieder laut mit und hüpft aufgeregt durch die Wohnung.
Das Beste daraus machen
Beim Einkaufen müssen seine Eltern ihm ab und zu erklären, dass sie nicht alles einfach so kaufen können: "Tut mir leid, mein Kleiner, das geht leider nicht. Wir haben es nicht so dicke." Am nächsten Wochenende wollen sie sich trotzdem einmal etwas gönnen. "Wir haben versprochen, zum Weihnachtsmarkt zu gehen. Egal, wie viel Geld man hat, Versprechen sollte man halten."
Einfach ist das Leben nicht - mit wenig Geld in diesen Zeiten. Marko Becker und seine Familie machen das Beste daraus. Dafür, dass es die Tafel gibt, sind sie dankbar: "Die Hamburger Tafel ist eine Institution, die man einfach gern haben muss. Und man muss froh sein, wenn man dort etwas bekommt."