Sendedatum: 11.09.2015 | 17:00 Uhr | NDR 90,3
1 | 24 Er ist so etwas wie das Urgestein des Seemannsheims am Krayenkamp: Jürgen Ruszkowski war von 1970 bis 1997 Heimleiter für die Deutsche Seemannsmission in Hamburg. Er erlebte, wie Zigtausende deutsche Seeleute ihre Jobs verloren, weil die Reeder auf billigere Arbeiter aus dem fernen Ausland setzten.
2 | 24 Im Seemannsheim Krayenkamp können Seeleute seit 1959 übernachten. Die Lage könnte kaum besser sein: Gleich gegenüber steht die St. Michaelis-Kirche und der Hafen ist nur wenige Hundert Meter entfernt.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
3 | 24 Lange Zeit stiegen in dem Seemannsheim fast ausschließlich Seeleute aus Deutschland und Österreich ab. Die Auslastung lag - auch noch in den 1970er-Jahren - bei nahezu 100 Prozent.
4 | 24 Später beziehen immer mehr ausländische Seeleute ihr Quartier im Seemannsheim - aus der Türkei, Afrika und Asien. "Viele deutsche Seeleute haben sich daran gestört", erinnert Heimleiter Ruszkowski. "Für sie waren alle Ausländer 'Kanaker' oder 'Bimbos'."
5 | 24 Das Seemannsheim ist mehr als nur ein Ort zum Übernachten. Die Seeleute finden Hilfe in allen Lebenslagen. Das Heim kümmert sich auch um Geldangelegenheiten als eine Art Miniatur-Sparkasse. Auf diesem Bild ist zu sehen, wie ein Seemann in den 80er-Jahren seine Heuer in Verwahrung gibt. Andere waren nicht so schlau: Sie verprassten ihr ganzes Geld auf der nahegelegenen Reeperbahn.
6 | 24 Eine kleine Kapelle darf in einer Deutschen Seemannsmission natürlich nicht fehlen. Dieses Foto zeigt den ersten Altar des Seemannsheims. Als die Kapelle zu einem Aufenthaltsraum umgebaut werden soll, ...
7 | 24 ... entsteht 1981 im Hinterhof eine neue Kapelle. Weil sie auf der Garage steht, muss sie in Leichtbauweise errichtet werden. Im Innern ...
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
8 | 24 ... hat sich auch schon mal ein Seemann trauen lassen. Heutzutage findet alle zwei Wochen ein Gottesdienst statt - mit Seemannspastor Matthias Ristau. Aber der Zuspruch ist nicht sonderlich groß: "Meist kommen nur drei oder vier Bewohner", erzählt der stellvertretende Heimleiter Felix Tolle. Wenn im Haus alle Betten belegt sind, stellt er auch schon mal in der Kapelle Klappbetten auf.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
9 | 24 Wo früher der Altar stand, befindet sich nun die Theke des Hauses. Über der Bar ...
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
10 | 24 ... hängen Wimpel aus aller Welt, die die Seemänner mitgebracht haben - unter anderem aus Hong Kong, Kyoto und San Francisco.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
11 | 24 Zum Zeitvertreib steht ein Tischfußball zu Verfügung und ...
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
12 | 24 .. ein Billardtisch. Auf der Weltkarte an der Wand sind die verschiedenen Zeitzonen zu erkennen.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
13 | 24 Der Speisesaal im Seemannsheim: In der Küche wirkt damals als Köchin eine dem Klosterleben entronnene Nonne. Sie heiratet einen deutschen Seemann und bleibt weit über zwei Jahrzehnte dem Seemannsheim verbunden - bis sie in Rente geht.
14 | 24 Die Gardinen und die Möbel sind inzwischen ausgetauscht, aber der Speisesaal ist noch gut wiederzuerkennen. Hier dürfen nicht nur die Bewohner essen, der Mittagstisch steht auch allen anderen Hungrigen offen.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
15 | 24 Der portugiesische Seemann Antonio Monteiro ist einer der derzeitigen Bewohner. Der Koch stammt von den Kapverdischen Inseln und fuhr erstmals 1973 zur See. Im Seemannsheim Krayenkamp steigt er seit rund 20 Jahren ab. Momentan hat der 64-Jährige hier sogar seinen offiziellen Wohnsitz.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
16 | 24 Der vierte Stock des Seemannsheimes ist den Dauergästen vorbehalten. Insgesamt bietet das Haus 83 Zimmer, 35 davon sind von Langzeit-Bewohnern belegt. Die Seeleute zahlen für ein schlichtes Einzelzimmer 300 Euro im Monat.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
17 | 24 Die günstigsten Zimmer verfügen nicht über ein eigenes Bad. Für eine Dusche müssen die Bewohner kurz über den Flur laufen.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
18 | 24 Auch Touristen und Schulklassen sind zum Übernachten willkommen. Dieses Doppelzimmer kann sogar mit einem wunderbaren Blick auf die St. Michaelis-Kirche auftrumpfen. Der Preis für Nicht-Seeleute: 78 Euro inklusive Frühstück.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
19 | 24 Die Geschichte der Deutschen Seemannsmission in Hamburg beginnt Ende des 19. Jahrhunderts: Der Seemannspastor Julius Jungclaußen bringt aus England die Idee mit, sich im Hafen um die gestrandeten "Matrosen" zu kümmern. Im Seemanhaus oberhalb der Landungsbrücken - heute: Hotel Hafen Hamburg - mietet er für diesen Zweck eine Etage an.
20 | 24 1906 kann die Deutsche Seemannsmission in Hamburg erstmals Übernachtungen für Seeleute anbieten - in diesem Haus im Wolfgangsweg. Das Gebäude wird 1943 stark beschädigt, aber nach dem Krieg wieder aufgebaut. Bald sind die Räumlichkeiten zu klein.
21 | 24 Seit 1959 ist das Seemannsheim nun am Krayenkamp zu finden. Einst zählte das Haus mehr als 50.000 Übernachtungen im Jahr, heute sind es nur noch 22.000.
22 | 24 Heimleiter Jürgen Ruszkowski ist 1997 in den Ruhestand gegangen. Er ist dem Haus aber bis heute verbunden geblieben - und kommt auch zur 125-Jahrfeier. Die Zeit im Seemannsheim lässt ihn nicht los: Er hat als Hobby-Verleger inzwischen mehr als 70 Bücher mit Erlebnisberichten von Seeleuten veröffentlicht - und verschickt sie in alle Welt.
23 | 24 Felix Tolle führt aktuell das Seemannsheim Krayenkamp - zusammen mit Geschäftsführerin Inka Peschke. "Manchen Seemännern geht es nach sechs Monaten an Bord erst einmal darum zu reden", erzählt Tolle.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann
24 | 24 Das Seemannsheim am Krayenkamp wird nicht von der evangelischen Kirche finanziert. Neben dem Geld von den Übernachtungsgästen profitiert das Haus von Spenden und der freiwilligen Schiffsabgabe im Hamburger Hafen.
Foto: Marc-Oliver Rehrmann