Sendedatum: 09.10.2016 | 19:30 Uhr | Hamburg Journal
1 | 10 Um 22.38 Uhr am 5. Oktober 1961 knallt es: Eine S-Bahn rast in der Nähe der Haltestelle Berliner Tor in einen Bauzug, der Eisenträger geladen hat. Sie durchbohren den ersten Waggon. Abgetrennte Gliedmaßen, blutende Verletzte, eingeklemmte Menschen: Der junge Feuerwehrmann Jürgen Peters ist als einer der ersten vor Ort.
© pipicture-alliance / Uwe Marek, Foto: Uwe Marek
2 | 10 "Das war ein schrecklicher Anblick", erinnert er sich 2016 anlässlich des 70. Jahrestags des Hamburger Rettungsdienstes. Die Retter kommen nicht an die Verletzten heran, viele sind eingeklemmt. Peters und seine Kollegen sind für den Einsatz nicht ausgerüstet - sie haben keine Trennschneider. "Wir versuchten, mit bloßen Händen zu helfen." Dann kommt die Bundesbahn und schneidet die Menschen frei. Doch viele verbluten, als die schweren Eisenteile von ihren eingeklemmten Gliedmaßen gehoben werden.
© NDR, Foto: Hanna Grimm
3 | 10 Peters, der damals erst 21 Jahre alt ist, verarbeitet das Erlebte lange nicht. "Das hat mich sehr belastet. Viele Nächte konnte ich nicht schlafen. Man hörte immer wieder das Schreien und die Hilferufe der Leute", sagt er. "Ich habe erst Jahre später Hilfe in Anspruch genommen, um das loszuwerden", so der Pensionär.
© NDR, Foto: Hanna Grimm
4 | 10 Damals sind seine Kameraden für ihn da - der Austausch mit Menschen, die Ähnliches erleben, hilft ihm. Auch viele Jahre später trifft der Pensionär noch Kameraden von damals. Hans-Werner Steffens (Mitte) war bei der Kessel-Explosion der "Anders Maersk" 1976 im Einsatz. Lutz Elmers beim Untergang der Barkasse "Martina" 1984. Alle drei sagen: "Beim Rettungsdienst zu arbeiten, ist kein Job. Das ist Berufung."
© NDR, Foto: Hanna Grimm
5 | 10 Der größte Einsatz seines beruflichen Lebens ist für Steffens die Explosion auf der "Anders Maersk". Am 9. Januar 1976 fliegt der Dampfkessel im Maschinenraum des Schiffs in die Luft. Mehr als 300 Grad heißer Dampf schießt heraus. Dutzende Menschen erleiden schwerste Verbrennungen, zwölf sterben.
© NDR, Foto: Hanna Grimm
6 | 10 "Als wir ankamen, waren da Menschen, denen die Haut in Fetzen runterhing", erinnert sich Steffens 2016. Den Anblick werde er nie vergessen. Er begleitet die Verletzten zum Rettungswagen, doch kurz darauf sterben sie. "Irgendwann haben wir im Inneren des Schiffes nur noch Tote gefunden. Das waren alles junge Männer - Arbeiter und Ingenieure."
© NDR
7 | 10 Aber es sind auch die vermeintlich kleineren Unglücke, an die Steffens noch heute denkt. Sein allererster Einsatz ist ein angefahrener Vierjähriger. "Überall Blut, die Halsschlagader war geöffnet", sagt er. Die Retter fahren den Kleinen ins nächste Krankenhaus. Steffens sitzt am Steuer, um das Kind kümmert sich sein Kollege. "Der schrie nur 'Gib, Gummi!'", erinnert sich der Rentner. Doch als sie an der Klinik ankommen, ist es zu spät.
© NDR, Foto: Hanna Grimm
8 | 10 Für seinen Kollegen Lutz Elmers ist der Untergang der Barkasse "Martina" 1984 einer der schlimmsten Einsätze. Er ist dabei, als das Boot, auf dem am Vorabend noch eine Geburtstagsparty stattgefunden hatte, gehoben wird.
© NDR, Foto: Hanna Grimm
9 | 10 "Den Anblick, wie die 'Martina' die Wasseroberfläche der Elbe durchbricht, vergesse ich nie. Das war so furchtbar", sagt er Jahrzehnte später. An Deck steht noch ein Kinderwagen. Insgesamt birgt Elmers an dem Tag neun Tote - die meisten sind Kinder. "Ich hab sie auf das Löschboot gehoben und zugedeckt", erinnert er sich.
© picture-alliance / dpa, Foto: Werner Baum
10 | 10 Trotzdem sagt er: "Das war der beste Beruf, den man sich vorstellen kann." Auch weil der Zusammenhalt zwischen den Kameraden so gut ist: "Einer muss sich auf den anderen verlassen können. Und das war immer so."
© NDR, Foto: Hanna Grimm