Nur bei öffentlichen Führungen kann man den verlassenen Altonaer Schellfischtunnel durchqueren. Die seit 1993 offiziell stillgelegte Trasse der Hafenbahn wartet mit einem Kuriosum am Ende auf: einem vergleichsweise neuen Bahnsteig.
Stand: 27.03.2024 | 13:45 Uhr | Rund um den Michel
1 | 28 Bevor es einen Tunnel durch den Elbhang gibt, wird jahrelang eine Schienenrampe genutzt, auch "geneigte Ebene" genannt, die das Gemälde von 1855 zeigt. Mit Fischen beladene Wagen müssen mit Seilwinden das steile Ufer hochgezogen werden.
© Von Georgine Fries - Stadtteilarchiv Ottensen, Der Stuhlmannbrunnen, Hamburg 2000, S. 75, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=8786792
2 | 28 Heute sieht dieses Areal wegen der Bebauung ganz anders aus. Von der geneigten Ebene ist fast nichts mehr zu sehen. Die Unterführung gibt es aber noch. Die darüberführende Straße ist für Autos gesperrt (Aufnahme vom Dezember 2023).
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
3 | 28 Auch Pferde werden anfangs eingesetzt, um die Karren vom Hafen in Richtung Bahnhof zu bringen. Das Bild ist um 1849 entstanden.
© Urheber unbekannt, vielleicht Hermann Biow (gestorben 1850) oder Carl Ferdinand Stelzner (gestorben 1894) https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20367205
4 | 28 Und so sieht die Gegend Ende März 2024 aus. Am Hafen finden umfangreiche Bauarbeiten statt. Etliche alte Hafengebäude sind bereits abgerissen worden.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
5 | 28 Das Verfahren mit Seilzug und Pferden erweist sich damals - nach der Hafenerweiterung und aufgrund erhöhten Warenaufkommens - als zu ineffizient. Ein Tunnel muss her: Er wird 1874 gebaut. Nur wenige Meter unter Straßenniveau errichten Arbeiter eine Trasse vom Altonaer Bahnhof bis zum Fischmarkt, wo die Ladung an Bord der Güterzüge kommt. Doch das ist lange her.
© Altonaer Museum, Foto: ?
6 | 28 Und wo findet man den Tunnel heute? Zunächst sind am nordöstlichen Ende des Altonaer Bahnhofs alte Gleise zu entdecken - überwuchert und zugewachsen.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
7 | 28 Die Schienen führen unter das Intercity-Hotel. Das Gebäude wurde Anfang der 1990er-Jahre über den Verlauf der alten Güterbahn gebaut.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
8 | 28 Dabei sind die alten Gleise zertrennt worden. Deshalb liegen unterhalb des Hotels keine Schienen mehr.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
9 | 28 Erst hinter einem Gittertor öffnet sich die alte Trasse wieder. Das Tor lässt es erahnen: Der Tunnel ist nicht frei zugänglich.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
10 | 28 Aber: Seit 2022 können sich Interessierte bei Führungen des Vereins Hamburger Unterwelten einen Eindruck von diesem historischen Bauwerk verschaffen.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
11 | 28 Die gesamte Strecke, genau 961 Meter lang, führt über staubige Bahnschwellen und Schotter. Seit 1992 ist hier kein Zug mehr gefahren. Dafür aber in unmittelbarer Nähe.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
12 | 28 Als in den 1970er-Jahren die S-Bahn-Trasse zum Altonaer Bahnhof gebaut wird, muss diese unter der Güterbahn durchgeführt werden. Dazu wird der Tunnel geöffnet, sodass die Güterzüge für ein Stück ans Tageslicht kamen.
© Altonaer Museum
13 | 28 Am Kreuzungspunkt hat der Tunnel neue Mauern erhalten, die deutlich zu erkennen sind. Anstatt aus Backstein sind sie aus Beton. Im Vorbeigehen hört man an dieser Stelle ein dumpfes Grollen aus der Tiefe: sich nähernde und entfernende S-Bahnen.
© picture alliance / dpa, Foto: Malte Christians
14 | 28 Direkt unterhalb des Altonaer Rathauses vorbei führt der Tunnel bis zum Hafen, wo die Güterbahn den letzten Teil der Strecke über Tage zurücklegt. Ganz oben rechts liegt der Bereich, der nach dem S-Bahn-Bau mit Beton ummantelt worden ist.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
15 | 28 Der Tunnel weist eine deutliche Kurve auf, den Hang zur Elbe hinunter. Auch das Gefälle nimmt dort eindeutig zu.
© NDR, Foto: Daniel Sprenger
16 | 28 An der Tunneldecke sind ein alter Entlüftungsschacht sowie Reste der Elektrifizierungsanlage zu erkennen.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
17 | 28 Diese Wandnische dient Arbeitern damals als Schutz, wenn sich die Züge näherten. 21 dieser Nischen gibt es insgesamt.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
18 | 28 Die Bahnschwellen haben über die Jahre gelitten. Diese Einkerbungen sind entstanden, weil manchmal die Kupplungen der Züge nicht ordnungsgemäß nach oben gebunden wurden, sodass sie dann auf dem Holz schleiften.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
19 | 28 Ab und zu schaffen es Sprayer in den Tunnel, um ihre Graffiti zu hinterlassen. Das ist natürlich nicht gestattet.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
20 | 28 Licht und Grün am Ende des Tunnels: Auch der südliche Ausgang ist fest mit einem großen Tor verschlossen. Dahinter hat sich die Natur den Raum zurückgeholt.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
21 | 28 Nicht nur der Tunnel, auch die Schienen sind dort zu Ende.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
22 | 28 Dass an dieser überwucherten Stelle mal Züge entlanggefahren sind, lässt sich nur erahnen. Diese Zeit ist längst vorbei.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
23 | 28 Dabei hat es durchaus Ideen für eine Wiederbelebung des Tunnels gegeben: So will zwischenzeitlich zum Beispiel der Investor dieses angrenzenden Gebäudes eine unterirdische Hafenbusverbindung einrichten und baut eigens einen Ausstiegsbereich. Doch daraus ist nichts geworden und der stillgelegte Tunnel mit neuem Bahnsteig bleibt weiter ungenutzt.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
24 | 28 Die Jahreszahl des Tunnelbaus 1874 und das Reichsbahnzeichen sind am südlichen Ausgang des Tunnels zu erkennen. Von der parallel verlaufenden Straße aus muss man schon genau hinschauen, will man das Tor inmitten hoher Büsche und Bäume ausfindig machen.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
25 | 28 Früher hat der südliche Tunnelausgang einmal so ausgesehen. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1934. Der stufenförmige Überbau über dem Rundbogen wird wenig später erneuert und in vereinfachter Form neu aufgemauert.
© IMAGO / Arkivi
26 | 28 Die Trasse vom Tunnel ausgehend ist heute (2023) fast nicht mehr erkennbar. Früher konnte man eine Treppe hinabsteigen und das letzte Bauwerk vor dem Hafen näher betrachten.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
27 | 28 Auf dem Weg dorthin braucht man schon sehr viel Vorstellungsvermögen, um die alte Trasse zu entdecken. Sie führt damals parallel an Mauer und Geländer vorbei. Sträucher und Bäume haben sie komplett überwuchert.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd
28 | 28 Bis zum heutigen "Hafenbahnhof" liegen längst keine Gleise mehr, sie führten direkt am Haus vorbei. Bis in die 1970er-Jahre hat es als Bürogebäude der Hafenbahn gedient. In den 1980er-Jahren üben dort Bands. Nach langem Leerstand ist seit 2006 der Live-Club in der Location beheimatet.
© NDR, Foto: Jochen Lambernd