Als Baroness wird Irmgard Rosenkranz 1922 in das Adelsgeschlecht zu Putlitz hineingeboren. Weltwirtschaftskrise, Zweiter Weltkrieg und die deutsche Teilung krempeln das Leben vollständig um. Aber, sagt sie in ihrem 100. Lebensjahr: "Ich hatte viel Glück in meinem Leben. Mit geht's ja gut."
Stand: 13.12.2021 | 05:00 Uhr | Ein Jahrhundertleben
1 | 30 Irmgard Rosenkranz wird am 21. Juni 1922 in Marienfließ im heutigen Polen geboren - als Gans Edle Herrin zu Putlitz in eines der ältesten Adelsgeschlechter in der Prignitz hinein.
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2 | 30 Die geborene Baroness bekommt vier Schwestern und erst 1932 noch einen Bruder hinzu. Die Domäne des Vaters Stephan Gans Edler Herr zu Putlitz, ein Gutshof mit landwirtschaftlichem Anwesen, übersteht die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre nicht.
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3 | 30 Also zieht die Familie um in das Gutshaus Retzin in der Prignitz, eine Region auf halbem Wege zwischen Hamburg und Berlin. Hier leben eine Schwester und eine Schwägerin des Großvaters.
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4 | 30 Ihre Kindheit erlebt Irmgard als unbeschwert. Doch streng seien ihre Eltern - zwar adelig, aber nicht reich - schon gewesen, sagt sie. Was auf den Teller kam, musste auch aufgegessen werden. Und: "Lügen durfte man nicht."
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5 | 30 Das lange Warten der Eltern auf einen Sohn bringt den fünf Schwestern in der adeligen Verwandtschaft den eher mitleidigen Beinamen "Gössel" ein - Gänseküken.
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6 | 30 Der Zweite Weltkrieg verändert alles. Dass Irmgard schon als junges Mädchen melken kann und das bäuerliche Leben schätzt, empfindet sie nun als Vorteil. In den Kriegsjahren absolviert sie auf dem Gut einer Tante ein Pflichtjahr und geht auf die Landfrauenschule. 1943 legt sie die Prüfung zur ländlichen Hauswirtschaftsgehilfin ab.
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7 | 30 Im besetzten Nachkriegsdeutschland entscheidet sich Irmgard, im Osten zu bleiben. In der sowjetischen Besatzungszone lässt sie sich in Oranienburg im Schnelldurchlauf zur landwirtschaftlichen Berufsschullehrerin ausbilden. Da sie schon ein umfängliches Vorwissen hat, fällt ihr das leicht. Bei den Landwirtschaftsstudenten sind die Lehreranwärter damals allerdings nicht beliebt: Da das Essen knapp ist, muss noch mehr geteilt werden.
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8 | 30 Zwei Freundinnen erzählen Irmgard hier von ihrem Bruder Max, der noch in Kriegsgefangenschaft ist: "Der wäre was für dich!" 1949 wird Irmgard ihn zum ersten Mal sehen.
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9 | 30 In dem Jahr tritt Irmgard Ihre erste Stelle als Lehrerin an einer Berufsschule für Landwirtschaft in Gransee an. Max ist eigentlich verlobt mit einer jungen Frau, die im Westen lebt. Als klar ist, dass die niemals in den Osten gehen wird und Max nicht in den Westen will, trifft er sich mit Irmgard in Berlin.
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10 | 30 Es ist auf der Stelle die große Liebe, sagt Irmgard Rosenkranz heute rückblickend - für beide. "Es hat einfach alles gepasst."
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11 | 30 Im Juli 1953 heiraten die beiden in Perleberg im heutigen Landkreis Prignitz (Brandenburg).
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12 | 30 Max Eltern bewirtschaften 16 Hektar Landwirtschaft in Garvsmühlen, kurz vor Rerik, zwischen Salzhaff und Ostsee.
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13 | 30 Dort liegen harte Arbeitsjahre mit den Händen vor ihnen.
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14 | 30 Doch Irmgard mag dieses Leben mit ihrer großen Liebe Max.
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15 | 30 Bereits ein knappes Jahr später kommt das erste Kind, Georg - hier im Bild. Wiederum ein Jahr später wird Tochter Lieschen geboren.
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16 | 30 1960 geht die Lehrerin und nun auch einfache Bäuerin Irmgard Rosenkranz mit Max und ihren Schwiegereltern in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, denn der Druck auf die Menschen mit Land in der DDR wird immer größer. Alles wird in die LPG eingebracht. Die Maschinen der LPG machen das bäuerliche Leben zwar etwas leichter, ...
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17 | 30 ... aber die geliebten Pferde muss die Familie abgeben.
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18 | 30 Max wird LPG Brigadeleiter und Irmgard engagiert sich für die Schweinezucht. Mastschweine niemals mit Zuchtschweinen zusammenbringen, weiß sie etwa schon aus ihrer Lehrzeit im Krieg. Kolibakterien würden sich sonst von Stall zu Stall übertragen und die ganze Zucht kaputt machen. "Das wurde bei der Gründung der LPG übersehen und kostete viele Sorgen!"
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19 | 30 Als Lehrerin tritt Irmgard Rosenkranz in die NDPD ein und übernimmt dort auch Aufgaben. Weniger aus politischer Überzeugung, sondern eher als Ausweichmanöver - wie es damals nicht wenige taten -, um nicht in die SED zu müssen. Viel spricht sie über diese Zeit nicht, aber besser als die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands sei es allemal gewesen.
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20 | 30 Das Unterrichten von Gegenwartskunde inklusive der sozialistischen Staatsdoktrin überlässt sie allerdings lieber anderen Kollegen.
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21 | 30 Für ihre Schweine und die bäuerliche Arbeit kann sich Irmgard Rosenkranz weitaus mehr begeistern. Sie gründet sogar eine Arbeitsgemeinschaft "Schweinezüchter für junge Heranwachsende".
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22 | 30 Vor allem Kindern aus einem Kinderheim gibt sie viele Jahre lang eine Heimat bei einem Hobby, das sich mit Tieren befasst. Einige ihrer Schützlinge ergreifen später einen artverwandten Beruf.
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23 | 30 Ehemann Max wird 1970 Leiter der Schweinezucht in der LPG. Bis zu 600 Sauen betreut das Rosenkranz-Paar zwischenzeitlich. Viel Arbeit - und wenig Zeit für Pausen.
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24 | 30 Auch Urlaube sind nicht drin - aber dann und wann ist mal ein Ausflug möglich. Als 1961 die Mauer gebaut ist, bekommt Irmgard hin und wieder Besuch von ihren Geschwistern, die allesamt im Westen leben.
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25 | 30 Sie selbst habe nie darüber nachgedacht, "rüber zu machen", so Irmgard Rosenkranz. Mit ihrem Max habe sie alles gehabt, was sie brauchte.
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26 | 30 Und die Weihnachtspakete aus dem Westen hätten den Mangel in der DDR angenehm ausgeglichen.
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27 | 30 Da sie aber Verwandschaft in der Bundesrepublik hat, ...
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28 | 30 ... darf Irmgard Rosenkranz dann auch gelegentlich in den Westen reisen.
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29 | 30 Sie habe viel Glück gehabt in ihrem Leben, sagt Irmgard Rosenkranz. Vor allem im Zweiten Weltkrieg und unter russischer Besatzung sei ihr nie etwas Schlimmes passiert. Zwei Schicksalsschläge musste sie allerdings wegstecken: Ihr Mann Max starb 1987 an Krebs. Und auch Sohn Georg verlor sie 2009 an die Krankheit.
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30 | 30 Heute, in ihrem 100. Lebensjahr, lebt Irmgard Rosenkranz noch immer in Garvsmühlen bei Rerik im Landkreis Rostock - und das im Kreis ihrer Familie mit vier Generationen unter einem Dach.
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