Stand: 24.11.2015 | 17:22 Uhr | NDR 90,3
1 | 13 Pünktlich zum gesetzten Einweihungstermin ist das Deserteurdenkmal am Stephansplatz fertig geworden. Noch einen Tag vor der Einweihung haben Arbeiter den letzten Feinschliff vorgenommen. Künftig soll es an die Opfer der NS-Militärjustiz erinnern.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
2 | 13 Das neue Denkmal ist als Gegenpol zum sogenannten Kriegsklotz von Richard Kuöhl gedacht. 1936 errichteten die Nationalsozialisten den martialischen Quader aus Muschelkalk. Über den marschierenden Soldaten ist die einem Gedicht von Heinrich Lersch entnommenen Kampfparole zu lesen: "Deutschland muss leben / und wenn wir sterben müssen."
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
3 | 13 Dem NS-Pathos setzt das Denkmal des Künstlers Volker Lang Verstörung entgegen. Die filigranen, bronzenen Wortgitter bilden Teile der Zitatcollage "Deutschland 1944" aus der Feder des Autors Helmut Heißenbüttel ab, der selbst als Soldat im Krieg schwer verletzt wurde. Der ohne trennende Satzzeichen dahinfließende Text ist nur auf der Südseite von außen zu lesen. Wer die Schrift auf der Nordseite entziffern möchte, kann das Denkmal betreten.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
4 | 13 Im Inneren wird der Besucher selbst zu einem Teil des Denkmals - und liest mit Blick auf das kriegsverherrlichende Denkmal nachdenklich machende Worte wie Folter. Es handelt sich nicht nur um ein begehbares, sondern auch um ein sprechendes Denkmal: Per Knopfdruck können sich Interessierte Heißenbüttels Zitatcollage anhören, gesprochen vom Autor selbst. Zudem gibt es, ebenfalls auf Knopfdruck, kurze Audio-Biografien von Opfern der NS-Militärjustiz.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
5 | 13 Dass sich der Besucher im Inneren der Wortgitter nicht gefangen fühlt, liegt daran, dass stets ein Weg nach draußen präsent bleibt - als wolle das Denkmal einen hoffnungsvollen Ausweg vor Augen führen.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
6 | 13 Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) dankt in seiner Eröffnungsrede den Beteiligten am Denkmal und betont, dass "70 verstörend lange Jahre" vergangen seien, bevor dieser Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz endlich entstanden sei. Zugleich solle der neue Gedenkort am Dammtor "keinen Schlusspunkt setzen". Das Thema der NS-Militärjustiz werde beispielsweise in einigen wissenschaftlichen Projekten aufgearbeitet.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
7 | 13 Für Ludwig Baumann (vorn), Vorsitzender der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz und Initiator des Denkmals geht mit der Arbeit von Künstler Volker Lang (Mitte) "ein später Traum in Erfüllung". Baumann desertierte ebenfalls als junger Mann und entkam der Todesstrafe nur knapp. Er berichtet davon, wie er auch nach Kriegsende als Volksverräter beschimpft und von ehemaligen Wehrmachtssoldaten verprügelt worden sei.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
8 | 13 Auch Uwe Storjohann ist als 19-Jähriger desertiert. Für den Hamburger bedeutet die Denkmalseinweihung "unglaublich viel". Der Gedenkort trage dazu bei, die Geschichte der Deserteure und Opfer der NS-Militärjustiz ins richtige Licht zu rücken. "Dass ich das noch erleben darf, hätte ich nie gedacht", sagt der 90-Jährige.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
9 | 13 Mitte der 1980er-Jahre sollte bereits ein Gegenpol zu dem Kriegsklotz geschaffen werden. Doch das von dem Wiener Künstler Alfred Hrdlicka geschaffene "Mahnmal gegen den Krieg" ist unvollendet geblieben und vermag es nicht, dem NS-Denkmal etwas entgegenzusetzen.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
10 | 13 Zwei Informationstafeln erklären Interessierten die Entstehungsgeschichte der drei Denkmäler.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
11 | 13 Neu sind auch zwei Betontafeln, die vor Hrdlickas Denkmal sowie dem Kriegsklotz angebracht sind. Sie zitieren einen unmissverständlichen Beschluss des Bundestages vom 15. Mai 1997: "Der Zweite Weltkrieg war ein Angriff- und Vernichtungskrieg, ein vom nationalsozialistischen Deutschland verschuldetes Verbrechen."
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
12 | 13 Auch einige Mitglieder des "Bündnisses für ein Hamburger Deserteursdenkmals" sind bei der Einweihung vor Ort - und verknüpfen die Geschichte mit aktueller Flüchtlingspolitik. Sie seien sehr zufrieden, dass nun der Gedenkort für Deserteure entstanden sei. Allerdings finden einige den Kriegsklotz noch immer zu mächtig. "Warum wurde er nicht einfach in der Mitte durchgesägt?", fragen sie.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh
13 | 13 Am Dammtor können die Menschen von nun an beinahe 80 Jahre Hamburger Denkmalsgeschichte auf sich wirken lassen.
© NDR.de, Foto: Kristina Festring-Hashem Zadeh