Stand: 21.02.2018 18:07 Uhr

Rundfunkbeitrag: Sparen am Programm?

von Daniel Bouhs
Schild vor der Zentrale des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio © picture alliance/Geisler-Fotopress Foto: Christoph Hardt
Von 2009 bis 2015 lag der Rundfunkbeitrag bei 17,98 Euro im Monat. 2015 wurde er im Zuge der Umstellung der Erhebung und der damit verbundenen Mehreinnahmen auf 17,50 Euro gesenkt.

420 Seiten Lob und Kritik, diesmal nicht zuletzt am "Tatort": Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) polarisiert auch mit ihrem 21. Prüfbericht. ARD, ZDF und Deutschlandradio attestiert sie zwar einerseits, weitgehend wie geplant mit den Rundfunkbeiträgen umzugehen und etwa bei der Technik auch spürbar sparsamer zu werden. Andererseits mahnen die Kontrolleure aber auch an vielen Stellen "Effizienzsteigerungen" und "Einsparpotenziale" an - Hinweise an die Rundfunkpolitiker, dass noch Luft im öffentlich-rechtlichen System sein könnte.

VIDEO: Rundfunkbeitrag: Sparen am Programm? (5 Min)

"Tatort"-Kosten beim NDR werden kritisiert

Beim "Tatort" stellen die Vertreter der Landesrechnungshöfe und Medienexperten etwa fest, dass gleich drei Folgen des NDR im Jahr 2016 bei den Herstellungskosten die Zwei-Millionen-Marke geknackt haben - deutlich über dem Durchschnitt. Und bei den Pop-Wellen liefern sie die Erkenntnis: Bremen Vier kommt mit gerade mal acht Euro pro Sendeminute aus, während eine Sendeminute bei WDR2 42 Euro kostet. "Wir wollen, dass die Gremien sich mal darum kümmern", sagt KEF-Vorsitzender Heinz Fischer-Heidlberger zu den exemplarischen Vergleichen gegenüber ZAPP. "Manche Anstalten zeigen, dass es auch mit weniger geht. Diese Anstöße wollen wir gerne geben."

ARD kontert: "Minuten-Kostenvergleich nicht die letzte Weisheit"

Die ARD greift die KEF stattdessen an - teils mit Schützenhilfe ihrer Gremien. "Die Frage, welche Programme wir machen und wie ein 'Tatort' oder eine Pop-Welle auszusehen hat, ist nicht Aufgabe der KEF, sondern der Anstalten", mahnt der Vorsitzende der Sendergemeinschaft, BR-Intendant Ulrich Wilhelm. Außerdem sei "ein Minuten-Kostenvergleich nicht die letzte Weisheit". Ein Krimi könne aufwändig mit vielen Darstellern draußen spielen oder minimalistich wie ein Kammerspiel sein. Manche Pop-Wellen hätten anspruchsvolle Formate wie Talk-Sendungen mit prominenten Moderatoren, andere spielten vor allem Musik. "Hier dürfen wir uns unterscheiden", sagt Wilhelm. "Das ist gelebter Föderalismus und auch gelebte Programmverantwortung."

Auseinandersetzung um die Kompetenz der KEF

Die KEF hat für die Länder die umfangreichen Sparvorschläge geprüft, die die Sender im Herbst vorgelegt haben, damit die Politik den Rundfunkbeitrag nicht deutlich erhöhen muss. Die KEF will darin nur "eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen" und "alltägliche Optimierungsprozesse" erkennen, also keinen großen Wurf, und vermisst nicht zuletzt weitere Einsparungen in Personal und ausdrücklich auch im Programm. ARD-Vorsitzender Wilhelm hat sich daraufhin in einem Brief - der ZAPP ebenso vorliegt wie die interne Stellungnahme der KEF an die Länder - über das Vorgehen der Kommission beschwert.

ARD-Vorsitzender Wilhelm sieht Eingriff in "Programmentscheidungen"

Der Intendant des BR, Ulrich Wilhelm, im Interview mit ZAPP. Der 56-Jährige trägt einen Anzug mit Krawatte und steht in einem Raum, an dessen Wand ein Landschaftgemälde zu sehen ist. © NDR Foto: Screenshot
Der Intendant des BR, Ulrich Wilhelm, ist derzeit der ARD-Vorsitzende. Er kritisiert den KEF-Bericht.

"Es erfüllt uns mit großer Sorge, dass die KEF im Prinzip unsere Programmentscheidungen in Frage stellt", mahnte Wilhelm gegenüber der in Rundfunkfragen federführenden rheinland-pfälzischen Staatskanzlei. Die Vorsitzende des NDR-Verwaltungsrates, Dagmar Gräfin Kerssenbrock, kritisierte die KEF sogar offen dafür, dass sie "der Politik Empfehlungen zum Eingriff in die Kernprodukte der Sender" gebe. "Damit verlässt die KEF ihre gebotene Position der Staatsferne."

KEF kontert: "Maßstab der Wirtschaftlichkeit" könne zugrunde gelegt werden

"Uns geht es nicht um das Programm selber, sondern um die Herstellung des Programms", sagt KEF-Vorsitzender Fischer-Heidlberger. Da könne man "durchaus den Maßstab der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zugrunde legen". Dass seine Kommission nachschaue, wie viel unterschiedliche Sender für ein und dasselbe Genre ausgeben, sei überdies nicht neu. Die KEF habe sich etwa Talkshow-Produktionen verglichen. "Unsere Arbeitsweise ist vielleicht noch konkreter geworden, als es noch vor zehn Jahren war", sagt der KEF-Vorsitzende. "Dass es auch manche Gremien auf uns abgesehen haben und uns kritisieren, kann ich nur bedauern. Mir wäre es lieber, das, was wir liefern, würde etwas ernster genommen."

Beitragsstabilität langfristig nur auf Kosten des Programms möglich

Hinter der Kritik an seiner Arbeit vermutet Heidlberger "einen Druck in den Anstalten", denn: "Wir haben die politische Diskussion um das Thema Beitragsstabilität." Allerdings wird die KEF erst mit ihrem nächsten Bericht den Ländern empfehlen, ob und wenn ja um wie viel sie den Rundfunkbeitrag erhöhen sollten, damit die Sender die von den Ländern beauftragten Programme auch weiter vernünftig anbieten können. Der KEF-Vorsitzende sagt aber bereits vage: "Ich sehe im Augenblick auf Grund der Gesamtsituation nicht, wie es ohne eine Beitragserhöhung gehen kann." Mit anderen Worten: Der Rundfunkbeitrag könnte in der Zukunft seriöserweise nur dann bei 17,50 Euro bleiben, wenn die Politik einzelne Programme streichen würde - Sparbemühungen hin oder her.

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ZAPP | 21.02.2018 | 23:20 Uhr

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