Eine Gratwanderung: PR oder Journalismus?
Philipp Eins hat sein Geschäftsmodell gefunden. Er berichtet fürs Radio, als Trainer bildet er Nachwuchs aus, und dann ist da noch ein neues Feld: Der Journalist produziert "Corporate Podcasts", also Audioreihen im Auftrag von Konzernen oder Verbänden. Für den Verband forschender Pharmaunternehmen arbeitet er derzeit beispielsweise an einer Reihe über die Digitalisierung dieser Branche.
"Das ist nicht aus der Not getrieben", sagt Eins. Er sei ein überzeugter Freiberufler. Dabei sei es aber nun mal wichtig, sich mittel- und langfristig gut aufzustellen. "Nur Journalismus, das wäre wahrscheinlich eng, weil es dort kein Riesenwachstum mehr gibt wie vielleicht noch vor 20 Jahren. 'Corporate Podcasts' ist aber ein Bereich, der wächst. Und da versuche ich natürlich auch, davon zu profitieren."
Für den DJV ist PR "eine Spielart des Journalismus"
Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) sieht diesen Trend. "Bei Tageszeitungen und im lokalen Bereich reden wir zum Teil über Honorare unterhalb des Niveaus vom Mindestlohn", sagt DJV-Vorsitzender Frank Überall. "Da merke ich natürlich, dass Kolleginnen und Kollegen sagen: Mir bleibt ja gar nichts anderes übrig, als noch Taxi zu fahren oder abends zu kellnern oder eben auch möglicherweise PR zu machen."
Für den DJV rücken PR und Journalismus "näher zusammen". Deshalb hat er dazu einen speziellen Kongress organisiert: den "Brückenschlag". Der DJV - immerhin die "Gewerkschaft der Journalistinnen und Journalisten" - vertritt ohnehin seit jeher auch Mitarbeiter der PR. "Das, was in der PR gemacht wird, also in der effektiven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, ist eine Spielart des Journalismus", erklärt Überall gegenüber ZAPP. Für den DJV ist PR also irgendwie Teil des Journalismus.
"Das ist im Grunde eine Assimilation von Journalismus und PR"
Der Hamburger Journalistik-Professor Volker Lilienthal ist eigentlich aus Überzeugung selbst DJV-Mitglied: Der DJV hatte ihn einst bei kritischen Recherchen über Schleichwerbung juristisch unterstützt. Dass der Verband PR dem Journalismus zuordne, störe ihn allerdings. "Das ist im Grunde eine Assimilation von Journalismus und PR", sagt der Wissenschaftler. "Überall redet ihr fahrlässig das Wort."
Da der DJV PR'ler schon lange zu seinen Mitgliedern zähle, sei das aber nicht mehr einfach zu trennen. Eine Minimalforderung, die er "persönlich aber auch nicht ausreichend" finde, sei, dass Journalisten die Finger von jenen Themen und Institutionen ließen, für die sie PR machten, mahnt Lilienthal. Solche "Brandmauern" fordert allerdings auch DJV-Vorsitzender Überall. Er selbst berichte auch nicht mehr als freier WDR-Mitarbeiter über Gewerkschaften, seit er als DJV-Chef selbst ein Gewerkschaftsboss sei.
Die Lösung? "Brandmauern" zwischen PR und Journalismus
Bei dieser Spielregel geht auch Philipp Eins mit, der neben seinen "Corporate Podcasts" vor allem für Deutschlandfunk Kultur berichtet, etwa mit Reportagen aus dem Ausland oder aus seinem Kiez in Berlin-Wedding. Eins sagt: "Wenn ich jetzt für ein Pharma-Unternehmen einen Podcast erstelle, kann ich nicht gleichzeitig im Deutschlandfunk über dieses Unternehmen berichten. Das schließt sich aus."
Dass Journalistinnen und Journalisten zunehmend auch für PR-Medien von Konzernen oder Verbänden arbeiten, bleibt indes grundsätzlich ein Risiko: Das Publikum muss sich darauf verlassen, dass der Einzelne die besagten "Brandmauern" zwischen seinen Jobs überhaupt zieht und sie dann auch noch stehen lässt. Damit steht und fällt die Glaubwürdigkeit dieses Modells.