Das ZDF und Björn Höcke: der richtige Umgang?
Ein Interview des ZDF mit Björn Höcke macht in dieser Woche Schlagzeilen: Es sollte "fester Bestandteil des Lehrplans in allen Journalistenschulen sein", fordert "SZ"-Redakteur Simon Hurtz auf Twitter:
Gleichzeitig gibt es scharfe Kritik von AfD-Mitgliedern: "Da trickst der Journalist, da führt der Sender seine Zuschauer gezielt hinters Licht", moniert der AfD-Bundestagsabgeordnete Jürgen Pohl.
Dabei verlief das Interview anders als geplant: Eigentlich wollte der ZDF-Autor mit Björn Höcke über dessen Sprache und Demokratieverständnis sprechen. Doch nach etwa zehn Minuten bricht der Sprecher des Thüringer AfD-Chefs das Interview unvermittelt ab. Höcke sei durch die Fragen "emotionalisiert worden".
Zu Beginn des Interviews spielte das ZDF Björn Höcke eine Umfrage vor. Die Journalisten hatten AfD-Politikern im Bundestag Zitate vorgelesen und gefragt, ob diese Zitate von ihrem Parteikollegen Höcke oder von Adolf Hitler seien. Die Politiker konnten oder wollten diese Zitate nicht einordnen. Dabei stammen alle aus Björn Höckes Buch "Nie zweimal in denselben Fluss".
"Der Vergleich muss erlaubt sein"
Shakuntala Banerjee, Redakteurin der Sendung "Berlin direkt", hat das Interview mitverantwortet. Der Einstieg sei hart, räumt sie ein. Aber besonders freundlich zu sein, sei nicht Aufgabe der Journalisten: "Wir setzen uns mit einem Aspekt von Höckes Politik und Politikstil auseinander, den er persönlich immer wieder wählt. Und den er persönlich immer wieder vorträgt. Der Vergleich muss erlaubt sein."
Ob Höckes Pressesprecher, Günther Lachmann, das Interview nach etwa zehn Minuten abbrach, weil ihm schon die Umfrage nicht ins Konzept passte, bleibt bislang offen. Ein Interview lehnte er ab. Auch schriftliche Fragen von ZAPP ließ Lachmann unbeantwortet.
Journalistik-Professor Bernd Gäbler beschäftigt sich wissenschaftlich mit der AfD und deren Medienstrategie. Er meint, Lachmann habe einen Vorwand gesucht, um das Gespräch abzubrechen: "Ich glaube, Lachmann merkte, dass das in eine Richtung lief, die er insgesamt nicht haben wollte - also: 'Du bist jetzt mehr oder weniger einer, der parallele Überschneidungen zur NS-Ideologie zulässt'".
Erst am Ende außer Fassung
Höckes Pressesprecher hatte den ZDF-Reporter aufgefordert, das Interview zu wiederholen, was dieser verweigerte. Während Pressesprecher und ZDF-Reporter hinter der Kamera miteinander diskutieren, bleibt das Bild auf Höcke, der ruhig dasitzt und Lachmann vorerst machen lässt. Als der Abbruch des Interviews aber beschlossen ist, droht Höcke dem ZDF-Mann: "Passen Sie auf. Wir beenden das Interview, nur, dann ist klar … Wir wissen nicht, was kommt … Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird ... Vielleicht werde ich auch mal eine interessante politische Person in diesem Land - könnte doch sein."
ZDF stellt ganzes Interview online
Das ZDF entschied sich, das Interview zu senden und ins Netz zu stellen, obwohl Höckes Pressesprecher das untersagt hatte. Banerjee: "Das ist nicht selbstverständlich, dass man dieses Material verwenden kann, nachdem jemand gesagt hat, lassen Sie uns hier unterbrechen. Da muss schon ein besonderes Informationsbedürfnis vorliegen. Wir sind der Ansicht, dass dieses besondere Informationsbedürfnis vorlag." Es verdeutliche nämlich Björn Höckes Verhältnis zur Pressefreiheit.
Trotzdem gelingt es dem ZDF nicht, dass die Transparenz auch zu einem Verständnis bei allen Zuschauern führt. "Es ist nicht unsere Aufgabe, bestimmte Leute von einer bestimmten Haltung zu überzeugen", so Banerjee. "Und die Polarisierung, die entsteht natürlich in der Gesellschaft, die ist zum Teil schon da." Komplett auf Interviews mit AfD-Politikern zu verzichten kommt allerdings nicht infrage. Auch Gäbler meint, es werde künftig immer schwieriger, mit der Polarisierung umzugehen: "Aber es gibt keine andere Möglichkeit, als da gründlich zu argumentieren."