Wahlabend im ZDF: Ein Plakat für Millionen
Landtagswahl in Brandenburg und Sachsen, das ZDF berichtet, wie alle großen Sender. Die "Heute"-Nachrichten schalten live nach Potsdam, im gläsernen Wahlstudio stellen sich die Kandidaten den Fragen von Moderatorin Bettina Warken. Eigentlich ein Spiel mit klar verteilten Rollen: Journalisten fragen, Politiker antworten. Und das Publikum schaut zu. Wer hier Sender der Botschaft ist und wer Empfänger - das ist eigentlich auch im Jahr 2019 noch klar geregelt. Doch die durchsichtigen Studiowände und eine Abiturientin mit einer Idee ändern an diesem Abend die Spielregeln.
Wenig Aufwand, große Wirkung
Denn immer wieder schiebt sich an diesem Abend ein Plakat neben die Interviewpartner ins Bild. Darauf das Statement "Rassismus ist keine Alternative". Die 19-jährige Hanna hält das Plakat, sitzt dabei auf den Schultern eines Freundes. Sie platziert ihre Botschaft zielgenau neben den AfD-Kandidaten Andreas Kalbitz, neben Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), neben den CDU-Kandidaten Ingo Senftleben. Durch die gläserne Wand wird Hannas Statement gefilmt und übertragen, in Haushalte im ganzen Land. Viele schauen in diesen Momenten wohl auf das Plakat, nehmen Hannas Botschaft wahr, nicht die der Menschen im Studio.
"Gehst Du auf die Barrikaden?"
Hanna ist Abiturientin aus Potsdam, sie und ihre Freunde ärgern sich über den Erfolg der AfD in Brandenburg. Sie schreibt einem Freund, berichtet sie uns: "Und meine Frage war: Hey, was machst Du heute, wenn die Wahl für die AfD gut ausgeht, gehst Du auf die Barrikaden oder nicht? Und dann hat mein Kumpel gesagt: Hey, ich bin gerade am Landtag und da ist so ein schöner Glaskasten und da könnte man eventuell ein Plakat hochhalten."
Auf öffentlichem Grund
Das Team im Studio kann wenig tun. Denn - wie das ZDF auf Anfrage von Zapp mitteilt: "Die Person, die das Schild hielt, befand sich außerhalb des ZDF-Wahlstudios. Dieser Bereich war öffentlich zugänglich." Ein Plakat hochzuhalten kann Hanna und ihrem Freund hier niemand verbieten. Doch in Wahlsendungen achten die öffentlich-rechtlichen Sender penibel auf Ausgewogenheit und Neutralität. Wie geht ein Sender damit um, wenn auf einmal unkontrolliert politische Botschaften auf Bildschirm erscheinen?
Die Kamera weicht aus
Letztlich kann der Sender nur ausweichen. Als das Plakat neben AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz auftaucht, reagiert das Team. Die Kamera wechselt in eine Bildeinstellung, "die auch in dieser Situation die Aussagen der Interviewpartner in den Fokus rückte", erklärt ein ZDF-Sprecher. Doch zu Ende ist es damit nicht, immer wieder sieht man an diesem Abend im ZDF das selbstgemalte Plakat, immer wieder wird der Jubel gesendet, der dann aufbrandet.
Dank vom Ministerpräsidenten
Bei den Gästen der Sendung kommt die Aktion - ganz nach politischer Ausrichtung - ganz unterschiedlich an. Ministerpräsident Woidke geht zum Abschied zu Hanna und ihrem Freund und bedankt sich persönlich. Andreas Kalbitz von der AfD nimmt lieber den Hinterausgang.