Zeitreise: Die alte Uni-Bibliothek von Kiel
Die Alte Kieler Universitätsbibliothek ist ein bautechnische Meisterwerk von 1884. Früher reisten Fachleute aus ganz Preußen nach Kiel, um sich das Gebäude anzusehen. Heute steht es teilweise leer.
Es ist eine Immobilie in bester Lage, direkt am Schlossgarten. Tausende Kieler fahren täglich daran vorbei. Aber kaum jemand weiß, dass es früher einmal ein Meilenstein der Architektur war, der Fachleute aus allen Himmelsrichtungen anzog: die alte Uni-Bibliothek. Und ebenso wenig bekannt ist: Das imposante Gebäude aus dem Jahr 1884 steht zum großen Teil seit Jahren leer.
Prachtbau für 500.000 Bücher
Entworfen wurde der Prachtbau als Bibliothek der Universität vom Architekten Martin Gropius. Der war zuvor durch Europa gereist und hatte sich die Vor- und Nachteile berühmter Bibliotheken angesehen. Seine Konsequenz: Die hintere Hälfte des Gebäudes, in dem das Magazin für 500.000 Bücher untergebracht werden sollte, ließ er als riesigen Hohlraum errichten. Dort hinein wurde eine fünfstöckige Konstruktion aus Walzstahl und Gusseisen gesetzt, die die Bücherregale aufnahm.
Nutzungsmöglichkeiten für leerstehende Räume
Wenn Jens-Oliver Kempf heute durch diesen Teil des Gebäudes geht, gerät er ins Schwärmen und ins Grübeln zugleich. Er schwärmt von der Kühnheit der Konstruktion, die Licht, Luft und Wärme durch den ganzen riesigen Raum transportierte. Aber er grübelt über den gegenwärtigen Zustand des früheren Vorzeigebaus. Architekt Kempf bekam vor drei Jahren den Auftrag, Nutzungsmöglichkeiten für das Gebäude zu untersuchen, in dessen vorderer Hälfte die Medizin- und Pharmaziehistorische Sammlung der Kieler Uni residiert. Aber als er sah, was aus dem seinerzeit wegweisenden Büchermagazin geworden ist, war er entsetzt: Nach dem Umzug der Bibliothek in den 1960er Jahren wurden Decken und Wände eingezogen, Büros und moderne Regale eingerichtet. Heute ist der gesamte hintere Gebäudeteil ein Labyrinth aus Gängen, Treppen und Räumen und darf wegen fehlenden Brandschutzes nicht mehr genutzt werden.
Attraktive Immobilie
Dabei sei dies einmal einer der schönsten Räume Kiels gewesen, sagt Kempf. Wäre es möglich, die massiven Umbauten rückgängig zu machen, könne man das alte Magazin etwa als Schauraum für ein Museum nutzen. Vielleicht bringen ein Buch und eine Ausstellung zum Thema, die gerade in Vorbereitung sind, etwas Bewegung in die Sache. Aber vorerst wird die attraktive Immobilie in bester Innenstadtlage weiterhin zum Teil leer stehen.