Neue Ideen gegen den Landarztmangel
Verantwortlich für die ausreichende Versorgung mit Ärzten sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV). Sie versuchen seit Jahren, Ärzte aufs Land zu locken - und zwar vor allem mit Geld. So bekommt beispielsweise ein Arzt, der sich in Mecklenburg-Vorpommern in ländlichen Regionen mit einer eigenen Praxis selbständig macht, bis zu 75.000 Euro als Zuschuss. Sollte er Außenstellen seiner Praxis gründen, erhält er noch einmal bis zu 20.000 Euro. Umzugskosten werden ebenfalls übernommen. Doch die Geldspritze zeigt wenig Wirkung: 2018 haben nur 18 Ärzte das Angebot angenommen - bei 143 unbesetzten Hausarztsitzen. In Niedersachsen gibt es ähnliche Programme; die Resonanz ist dort ähnlich niedrig.
Hausarzt-Stipendium
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern hat ein Stipendien-Programm für Medizin-Studenten aufgelegt. Wer sich bereits während des Studiums verpflichtet, später mindestens fünf Jahre in einer ländlichen Region zu arbeiten, erhält monatlich 300 Euro Zuschuss. Doch auch hier ist die Nachfrage überschaubar: Gerade einmal 37 von 400 Studierenden haben in Rostock und Greifswald das Stipendium angenommen. Prof. Jean-Francois Chenot von der Uniklinik Greifswald beobachtet: "Das ist kein Geldproblem, sondern die wollen sich nicht auf zehn, zwanzig Jahre festlegen." In Niedersachsen ist das Bild ähnlich.
Bevorzugter Zugang zu Studienplätzen
Noch in diesem Jahr will Mecklenburg-Vorpommern ein weiteres Programm starten: Wer sich verpflichtet, sich nach dem Studium auf dem Land niederzulassen, erhält einfacher einen der begehrten Studienplätze. Die Maßnahme ist umstritten, denn auch hier müssten sich die junge Leute frühzeitig festlegen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein lehnen eine solche Quote bislang ab.
Stärkung der Allgemeinmedizin
Noch vor zehn Jahren hatten Medizinstudenten keinerlei Berührung mit der Allgemeinmedizin - sie wurde schlichtweg nicht gelehrt. Um die Studenten mehr auf diese Fachrichtung aufmerksam zu machen, wurde beispielsweise an der Universität Greifswald ein neuer Lehrstuhl gegründet. Experten hoffen, dass so der Anteil der Hausärzte wieder steigt. Die Auswirkungen sind aber noch nicht messbar, denn von Beginn des Studiums bis zum fertigen Facharzt dauert es bis zu fünfzehn Jahre.
Gemeinde übernimmt Arztpraxis
In Büsum wurde ein radikaler Weg gewählt: Die Gemeinde kaufte vier der fünf Hausarztsitze im Ort und bündelte sie in einem neuen Ärztezentrum. Nun stellt die Gemeinde die Ärzte an. "Eine Einzelpraxis im ländlichen Raum ist aus unserer Sicht ein Auslaufmodell", sagt Harald Stender, der das Modell in Büsum mit initiiert hat. Die Ärzte wollten nicht mehr alle Verantwortung tragen. Geregelte Arbeitszeiten, auch Teilzeitmodelle seien für junge Ärzte wichtiger geworden. Die Patienten profitierten, weil gleich mehrere angestellte Ärzte sich untereinander austauschen könnten. Die Investition in Höhe von 1,6 Millionen Euro waren im Gemeinderat nicht unumstritten. Bürgermeister Hans-Jürgen Lütje (parteilos) verteidigt sie: "Das gehört für mich zur Daseinsfürsorge. Das ist genauso wichtig wie eine gute Schule, wie ein guter Kindergarten." Das Modell gilt als Erfolg: Im Ärztezentrum arbeiten auch junge Ärzte.