Gedanken eines Landarztes
Um wie viele Patienten kümmert sich ein Hausarzt im Schnitt und wie viele Hausärzte gibt es in Deutschland?
Laut der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses sollte ein Hausarzt 1.671 Einwohner versorgen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen dürfen jedoch von diesem Verhältnis abweichen, wenn in einer Region besonders viele chronisch Kranke wohnen. 2015 gab es in Deutschland laut Bundesärztekammer rund 43.500 berufstätige Allgemeinmediziner, wobei lediglich 37.400 von ihnen eine Praxis betrieben haben oder im ambulanten Bereich angestellt waren.
Wo fehlen in Deutschland Hausärzte?
2014 stellte die OECD fest, dass es in Deutschland keinen generellen Ärztemangel gebe, sondern eine hohe Ärztedichte. Bestehende "regionale Versorgungsengpässe" seien vor allem auf einen Rückgang der hausärztlich tätigen Ärztinnen und Ärzte zurückzuführen. Dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen fehlen bis 2025 schätzungsweise 20.000 Hausärzte.
Im vierten Quartal 2016 gab es bundesweit 2.727 freie Hausarztsitze. Das waren 603 mehr als im Vergleich. Allein in Niedersachsen sind derzeit laut Niedersächsischem Städte- und Gemeindebund 359 Hausarztsitze unbesetzt.
Wird es in Zukunft genügend Ärzte geben?
In einem Gutachten des Bundesgesundheitsministeriums wird die für das Jahr 2030 prognostizierte Versorgungssituation veranschaulicht: Deutschlandweit werden zu diesem Zeitpunkt wohl insgesamt 106.000 Ärzte fehlen.
Wo es heute noch genügend Hausärzte gibt, kann es in wenigen Jahren schon zur Unterversorgung kommen - unter anderem, weil durch die alternde Bevölkerung mehr chronisch Kranke in den Regionen leben werden. Experten gehen davon aus, dass sich der Landarztmangel eher verschärfen wird.
Was tut die Politik gegen den Landärztemangel?
Ende März 2017 wurde der "Masterplan Medizinstudium 2020" beschlossen. Die Allgemeinmedizin soll im Studium den Stellenwert erhalten, der ihr auch in der Versorgung zukommt. Am Ende des Studiums sollen alle Staatsexamenskandidaten in Allgemeinmedizin geprüft werden. Neu im Praktischen Jahr ist eine zwölfwöchige Pflichtstation im ambulanten vertragsärztlichen Bereich, verbunden mit einer pflichtgemäßen Prüfung in Allgemeinmedizin.
Als Anreiz für eine Niederlassung im ländlichen Raum wird den Ländern die Einführung einer so genannten Landarztquote ermöglicht. Die Länder können danach bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, nach Abschluss des Studiums und der fachärztlichen Weiterbildung in der Allgemeinmedizin für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung in unterversorgten bzw. durch Unterversorgung bedrohten ländlichen Regionen tätig zu sein.
Voraussetzung: Der angehende Arzt muss sich eine unterversorgte Region frei aussuchen dürfen. Wenn ein Student sein Versprechen bricht, kann es teuer für ihn werden. Laut Rechtsgutachten sei eine Geldstrafe von bis zu 150.000 Euro denkbar. In Härtefällen soll es aber trotzdem möglich sein, von der Verpflichtung zurückzutreten.
Wie sind die Reaktionen auf den Masterplan?
Für Gesundheitsminister Hermann Gröhe ist der Masterplan "ein wichtiger Schritt hin zu einem modernen Medizinstudium, das unsere Ärztinnen und Ärzte auf die künftigen Herausforderungen vorbereitet und eine gute Patientenversorgung überall in Deutschland auch in Zukunft sicherstellt." Ebenso für die Bundesärztekammer und den Deutschen Hausärzteverband: Es sei wichtig, dass Allgemeinmedizin sowie hausärztliche Versorgung zukünftig im Medizinstudium deutlich mehr Raum einnehmen würden.
Die Verbände der Medizinstudierenden und jungen Ärztinnen und Ärzte lehnen die Quote hingegen ab - weil sie das Recht auf freie Berufswahl einschränke: Abiturienten auf die Allgemeinarztpraxis festzulegen, negiere, dass sich der Studienschwerpunkt während des Medizinstudiums ändern könne.
Wo könnte eine Landarztquote kommen?
Neben Bayern hat auch Niedersachsen angekündigt, eine Quote zu prüfen, um dem Ärztemangel auf dem Land entgegenzuwirken. Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) kündigte an, zu prüfen, wie sich eine solche Landarztquote in Niedersachsen verfassungskonform gestalten lässt.