Stand: 21.08.2018 15:27 Uhr

Gesunde Ernährung - auch mit wenig Geld möglich?

von Esra Özer

Vor Kurzem haben wir uns in der Panorama 3 Redaktionskonferenz über Ernährung unterhalten. Fast jeder Kollege hat sich mit seiner eigenen Ernährung beschäftigt und damit, dass gesunde Kost sehr teuer ist. Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stehen bei armen Kindern seltener Obst und Gemüse auf dem Speiseplan, Menschen mit geringen Einkommen ernähren sich ungesünder. Doch warum ist das so? Können sich ärmere Menschen nicht gesund ernähren? Das möchte ich bei einem Selbstversuch testen.

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Wer weniger als 892 Euro im Monat zum Leben hat, gilt in Deutschland als arm

Martina Weber
Martina Weber bezieht Hartz IV und hält es für unmöglich, sich damit gesund und ausgewogen zu ernähren.

Eine Woche lang möchte ich mich vom Hartz-IV-Satz gesund ernähren, heruntergerechnet sind das rund 34 Euro für Lebensmittel und Getränke. So viel hat auch Martina Weber. Ich treffe die Hartz-IV-Empfängerin bei der Hamburger Tafel. Weber sagt, es sei unmöglich, sich mit so wenig Geld überhaupt gesund zu ernähren. Vor allem Obst und Gemüse seien sehr teuer. Auch saisonale Angebote würden nicht helfen: "Da würde fast ein Drittel meines Wochenetats draufgehen, wenn nicht sogar mehr!", sagt Weber. Gesund ernähren könne sie sich nur mit Hilfe der Hamburger Tafel, sonst nicht.

Zehn Regeln für eine gesunde Ernährung

Geht es um gesunde Ernährung, verweist die Politik auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Diese hat zehn Regeln festgelegt, die man befolgen soll, um gesund zu essen. Vor allem geht es dabei um die Lebensmittelvielfalt. An diese Regeln werde ich mich mit meinen 34 Euro eine Woche lang halten.

34 Euro für eine Woche

Es ist nicht leicht, mit 34 Euro den Wocheneinkauf zu planen, wenn man sich gesund ernähren möchte. Das war zumindest mein erster Eindruck. Ich vergleiche Preise, sowohl beim Discounter als auch auf dem Markt. Tatsächlich bekomme ich vor allem Obst und Gemüse auf dem Markt viel günstiger.

Alltägliche Grundnahrungsmittel besorge ich mir günstig beim Discounter. Auch da merke ich: Ich muss auf Angebote und Preise achten, um überhaupt mit den 34 Euro gesunde Nahrung einkaufen zu können. Ich muss immer wieder feststellen, dass Fertigprodukte oftmals günstiger sind als frisches Obst oder Gemüse. Ebenso ist der Apfelsaft preiswerter als ein Apfel. Doch in dem Saft ist mehr Zucker. Geht es nach der DGE, soll man Säfte nur in Maßen trinken.  

So koche ich von Tag zu Tag mit dem, was ich eingekauft habe - plane jeden Tag fünf Handvoll Obst und Gemüse ein. Ich versuche, so gut es geht, vielfältig zu kochen. Doch mein Einkauf lässt das nur drei volle Tage zu. Schon am nächsten Tag kann ich mich nicht mehr an die Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung halten. Denn alles, was ich für eine gesunde und vielfältige Ernährung brauche, habe ich bereits gegessen. Mit den Resten versuche ich noch die folgenden Tage satt zu werden.

Ernährungsexperte Armin Valet
Vor allem sozial benachteiligte Gruppen hätten ein Problem, sich gesund zu ernähren, sagt Ernährungsexperte Armin Valet.
Sozial benachteiligte Gruppen haben ein Problem

Ich treffe den Ernährungsexperten Armin Valet und will wissen, ob ich etwas falsch gemacht habe. Valet kritisiert vor allem, dass Lebensmittelvielfalt mit wenig Geld nicht möglich sei: "Es wird darauf hinauslaufen, dass es fast immer das gleiche Obst und Gemüse sein wird - was günstig angeboten wird. Eine Vielfalt kann hier wirklich sehr viel teurer werden."

Wie es klappen soll, sich von Hartz IV gesund zu ernähren, will ich vom Arbeitsministerium wissen. Das antwortet ausweichend: Gesunde Ernährung sei ein auslegbarer Begriff - man solle auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung Wert legen, heißt es, das sei möglich.

Aber genau das ist mir nicht gelungen.

Krank durch einseitige Ernährung

Lebensmittel
Eine gesunde Ernährung ist mit sinkendem Einkommen schnell nicht mehr möglich. Es geht nur noch darum, satt zu werden.

Die letzten Tage bleiben mir nur wenige Reste übrig, von denen ich mich nicht mehr vollwertig ernähren kann, geschweige denn satt werde. Genau wie Martina Weber müsste ich nach Tag fünf zur Tafel gehen. Das hatte sie mir bei unserem ersten Treffen bereits vorhergesagt: "Es ist einfach nicht möglich. Ich hab Übung ohne Ende, das können Sie mir glauben. Ich gucke, wo ich was bekomme, wie ich was bekomme. In Deutschland muss kein Mensch verhungern. Muss er auch nicht, er kann nur krank werden durch die Ernährung, die er zu sich nimmt."

Ich kann Martina Weber sehr gut verstehen. Mein Eindruck ist: Nicht einmal viel Übung und Schnäppchenjagd helfen, wenn man sich von Hartz IV gesund und ausgewogen ernähren will, so wie man es nach den Empfehlungen der DGE eigentlich sollte.

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 21.08.2018 | 21:15 Uhr

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