German Property Group: Ein Fall von Behördenversagen
Im mutmaßlichen Anlageskandal rund um die insolvente Immobiliengesellschaft German Property Group aus Niedersachsen, ehem. Dolphin Trust, wird nun das Ausmaß des deutschen Behördenversagens deutlich.
Der mutmaßlich milliardenschwere Betrugsskandal rund um deutsche Immobilien und ausländisches Anlegergeld beschäftigt mittlerweile auch die Bundespolitik: NDR, BR und der "Süddeutschen Zeitung" liegt dazu exklusiv eine Antwort auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen vor. Daraus geht hervor, dass deutsche Aufsichtsbehörden im Fall der möglicherweise betrügerischen Geschäfte der German Property Group aus Langenhagen in Niedersachesn energischer hätten vorgehen können. Im Fokus stehen hier besonders die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das Bundesamt für Justiz (BfJ).
Hohe Ordnungsgelder ohne Konsequenzen
Aus der kleinen Anfrage geht hervor, dass zumindest dem Bundesamt für Justiz seit Jahren klar gewesen sein muss, dass mit der German Property Group etwas nicht stimmt. Die Behörde verhängt Ordnungsgelder gegen Unternehmen, die ihre jährlichen Bilanzen nicht veröffentlichen. In Deutschland gilt unter anderem für Unternehmen wie Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine Offenlegungspflicht ihrer Bilanzen im Bundesanzeiger.
Die German Property Group und zahlreiche ihrer Tochterfirmen hörten irgendwann auf, Bilanzen zu veröffentlichen. Das Bundesamt für Justiz verhängte deshalb beginnend mit dem Jahr 2011, aber verstärkt ab dem Jahr 2016, Ordnungsgelder in Höhe von insgesamt 648.250 Euro gegen 133 Gesellschaften der Gruppe, weil Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig oder gar nicht veröffentlicht wurden. Laut Kleiner Anfrage konnte das Bundesamt für Justiz 380.000 Euro davon tatsächlich einnehmen.
Das Bundesamt für Justiz hätte die Ordnungsgelder weiter steigern und ausweiten können, doch laut der Antwort auf die Kleine Anfrage hat die Behörde ab dem Geschäftsjahr 2017 sogar nahezu gänzlich auf eine Festsetzung der Ordnungsgelder verzichtet. Eine Erklärung liefert das Bundesamt für Justiz dafür nicht. Die Behörde hat außerdem zu keinem Zeitpunkt die BaFin über die große Anzahl fehlender Jahresabschlüsse der Firmengruppe informiert. Auf Nachfragen äußern sich sowohl das Bundesamt für Justiz als auch das zuständige Bundesjustizministerium nicht.
Für Lisa Paus, Sprecherin für Finanzpolitik der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, ist das Vorgehen des Bundesamtes für Justiz nur schwer nachvollziehbar. Statt irgendwann einzuschreiten, habe man das Spiel jahrelang einfach mitgemacht: "Es wurde weder die Finanzaufsicht noch die Staatsanwaltschaft informiert. Stattdessen konnte die German Property Group sich einfach freikaufen."
Seit Sommer 2020 ist die German Property Group insolvent, nach Auskunft des Insolvenzverwalters, Justus von Buchwaldt, fehlen aktuell 700 Jahresabschlüsse der Gruppe, die nun alle nachträglich erstellt werden müssen.
Die Rolle der Bafin
Im Skandal um die German Property Group steht auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unter Druck. Die BaFin beharrt in der Antwort auf die Kleine Anfrage darauf, erst im Juni 2020, kurz vor der Insolvenz der GPG, davon erfahren zu haben, dass die German Property Group ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft betrieben hat. Im ersten Quartal 2020 habe die Behörde "einen Hinweis aus dem Ausland zu einem potentiellen Investitionsbetrug sowie erlaubnispflichtigen Einlagengeschäft" erhalten, so steht es in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Eine Erlaubnis für die genannten Geschäfte hatte die GPG nie. Damit bestätigt die BaFin Recherchen von NDR, BR und SZ.
Die Aufsichtsbehörde sah sich lange nicht für die German Property Group zuständig, dabei stand die BaFin in den vergangenen Jahren nach Recherchen von NDR, BR und SZ mehrfach mit der Gruppe in Kontakt. Offenbar prüfte die BaFin, ob die GPG einer Prospektpflicht unterlag, was laut Aussage der Behörde nicht der Fall war. Für das eigentliche Geschäft der GPG, das erlaubnispflichtige Einlagengeschäft, scheint sich die BaFin lange nicht interessiert zu haben. "Die Frage ist, warum die Finanzaufsicht erst im Juni 2020 von den erlaubnispflichtigen Geschäften erfuhr und ob man den Betrug nicht schon viel früher hätte stoppen können", so Lisa Paus von den Grünen. Das Aufsichtsversagen müsse ihrer Meinung nach geklärt werden.
Das Geschäftsmodell
Die German Property Group, zu der ungefähr 200 Gesellschaften gehören, hatte seit 2008 Investitionen bei Anlegern eingeworben. Damit, so die Eigenwerbung, wollte die Firma in Deutschland sanierungsbedürftige, denkmalgeschützte Immobilien kaufen, sanieren und anschließend weiterverkaufen. Es lockten traumhafte Renditen von bis zu 15 Prozent. Der Insolvenzverwalter Justus von Buchwaldt geht davon aus, dass Anlegergelder in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro bei 15.000-20.000 Anlegern eingeworben wurden. Die Anleger stammen nahezu alle aus dem Ausland.
Die Immobilien, die von Gruppe mit den Anlegergeldern erworben wurden, hätten nach Einschätzung des Insolvenzverwalters aktuell einen Wert von rund 100 Mio. Euro. Wohin mehrere hundert Millionen Euro Anlegergelder verschwunden sind, ist unklar. Gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Gruppe, Charles Smethurst, ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover wegen des Verdachts auf Betrug und Insolvenzverschleppung.