Extremwetter: Was Kommunen tun wollen
Es knallte um 02:30 Uhr in der Nacht im niedersächsischen Hambergen. Heinz Foltmer wachte davon auf. Ein Gang durch sein Haus offenbarte das Unheil. Eine Flutwelle hatte sein Kellerfenster zerschmettert. Auf dem Boden steht Wasser. Heinz Foltmer läuft los, um einen Lappen zu holen. "Als ich zurück war, war der Keller bis oben hin vollgelaufen."
Sohn Uwe lebt ein Stockwerk drüber. Nach dem Knall stürzt er ins Erdgeschoss. "In dem Moment ging die Sirene schon los, die Feuerwehr ist direkt nebenan und das ganze Dorf stand unter Wasser." Diese eine Nacht im Jahr 2013 werden die Foltmers nicht vergessen. Monatelang bleibt ihr Erdgeschoss unbewohnbar.
Klimawandel in den Kommunen "greifbar"
Das Wasser kam in sehr kurzer Zeit in riesigen Mengen vom Himmel. Von den Feldern lief es in die niedriger gelegene Ortsmitte von Hambergen im Kreis Osterholz. Dorthin, wo die Foltmers leben. Der Ort wurde seit 2013 von vier Starkregenereignissen heimgesucht. "Solche Ereignisse hat es früher in Hambergen nicht gegeben. Wenn es dann vier hintereinander sind, dann würde ich schon sagen, da ist der Klimawandel greifbar", meint Bürgermeister Gerd Brauns. Seitdem hat die Gemeinde viel Geld in neue Rückhaltebecken und Kanalrohre investiert.
Auch in vielen anderen Rathäusern und Landratsämtern wächst die Sorge vor dem extremen Starkregen, der mit dem Klimawandel kommt. Dennoch haben viele Kreise und Städte noch kein eigenes Konzept, um mit den Folgen des Klimawandels umzugehen. Das ergab eine Recherche von "Panorama 3" unter allen Landkreisen, kreisfreien Städten und Städten mit mehr als 70.000 Einwohnern in Norddeutschland. Auffällig ist, dass besonders große Städte wie Hamburg und Hannover teilweise sehr weitreichende Konzepte haben, um mit den klimatischen Veränderungen künftig umzugehen.
Viele Kreise und Städte ohne eigenes Konzept
Silke Nolting vom kommunalen Umweltverband U.A.N. beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Thema. Oftmals würden es die Verwaltungsmitarbeiter besonders in den kleinen Kommunen nicht schaffen, "diese Querschnittsaufgabe noch on top zu leisten." Von Landkreisen könne man diese Leistung aber verlangen, meint Silke Nolting. Bisher steht bei den Kommunen eher der Klimaschutz und nicht die Klimaanpassung im Vordergrund.
"Nicht als besonders wichtig erachtet"
Sönke Schulz, geschäftsführender Vorstand beim schleswig-holsteinischen Landkreistag, meint, momentan handele es sich bei dem Thema schlicht um "eine zusätzlich freiwillige Aufgabe". Die Kreise wären "nicht verpflichtet, so ein Konzept zu haben". Außerdem würden solche langfristig in die Zukunft reichenden Themen nicht als besonders wichtig erachtet. Die Folge davon wäre, "dass für dieses Thema keine Ressourcen zur Verfügung stehen, um es so intensiv zu behandeln, wie man es eigentlich müsste."
Sönke Schulz ermahnt die Kreise allerdings, sich besser um die Klimafolgen-Anpassung zu kümmern: "Das ist ein Thema, das unmittelbar auch die Infrastruktur der Kommunen betrifft", beispielsweise bei Starkregen-Ereignissen. "Die Kommunen und die Kreise sind es, die unmittelbar mit den Erwartungen der Bürger konfrontiert werden." Um diese Aufgabe bewältigen zu können, benötigten sie allerdings langfristig Geld von Bund und Land. Nur auf kurze Zeit angelegte Förderprojekte wären keine Lösung, so Schulz.
"Waldumbau" als langfristige Maßnahme
Im Gegensatz zur kommunalen Eben liegen eine Verwaltungsebene darüber bei vielen Bundesländern Anpassungskonzepte vor. Darin geht es beispielsweise nicht nur um die Verstärkung von Deichen, sondern um viele weitere Maßnahmen. So hat die Landesforstverwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern ein eigenes Anpassungskonzept an das künftige Klima entwickelt. "Der Klimawandel ist für uns in der Forstwirtschaft schon seit Jahren ein sehr wichtiges Thema von zentraler Bedeutung", meint Peter Röhe.
Da die Produktionszeiträume über 100 Jahre hinaus reichten, führe an der Anpassung kein Weg vorbei. Als Beispiele nennt er den sogenannten "Waldumbau". Dabei werden Laubbäume in reine Nadelholzbestände gepflanzt.
So soll einem möglichen Schädlingsbefall vorgebeugt werden. Denn beispielsweise Kiefernwäldern wären dafür sehr anfällig. "Wir müssen davon ausgehen, dass im Hinblick auf den Klimawandel und einer weiteren Erwärmung auch Schadinsekten in größere Dichte auftreten. Viele Schadinsekten profitieren nämlich von Wärme." Anhand der Stürme und Trockenjahre haben die Landesförster bereits einsetzende klimatische Veränderung registriert.