15 Jahre Hartz IV: Wie erleben Kinder Armut?

Stand: 20.10.2020 18:10 Uhr

Aktuell wachsen 1,9 Millionen Kinder in Deutschland mit Hartz IV auf - offiziell gelten sie damit als "arm". Was denken Kinder selbst darüber? Und wie können sie einen Weg raus aus Hartz IV finden?

von Simona Dürnberg

Kritiker bemängeln: 15 Jahre nach den Hartz-Reformen nimmt die Kinderarmut hierzulande trotz Wirtschaftswachstum und sinkender Arbeitslosigkeit zu, so steht es auch in einerjüngst veröffentlichten Bertelsmann-Studie. Die aktuellen Hartz IV-Regelsätze würden vor allem für die Bedürfnisse der Kinder nicht ausreichen. Das produziere Druck - in den Familien, vor allem aber bei den Kindern.

Tyra
Tyra hat es auf das Gymnasium geschafft und möchte Abitur machen.

Das scheint auch Tyra aus Hamburg-Billstedt zu spüren: Sie ist zehn Jahre alt und weiß schon jetzt, dass sie auf der neuen Schule "besonders schlau sein muss", denn nur so könne der Weg aus Hartz IV gelingen. Sie sagt: "Ich wünsche mir halt ein bisschen mehr Geld zu verdienen, damit ich, wenn ich Kinder bekomme, denen etwas bieten kann."

Raus aus der Armut

Sarah-Lee
Sarah-Lee ist mit Hartz IV aufgewachsen und setzt sich nun für Chancengleichheit ein.

Den Absprung aus der Armut schaffen - das dauert in Deutschland aber offensichtlich besonders lange: Damit ein Kind in Deutschland später das durchschnittliche Einkommen erreicht und damit der Armut entflieht, bedarf es hierzulande sechs Generationen, so eine OECD-Studie. Deutschland steht damit schlechter da als der Durchschnitt der OECD-Länder, der bei viereinhalb Generationen liegt. Verstetigt ein Aufwachsen mit Hartz IV also die Armut?

Für Sarah-Lee steht fest: Hartz IV verankere Kinder in Armut - und sei ein menschenunwürdiges System, am allermeisten für Kinder und Jugendliche. Mit viel Kraft und etwas Glück hat sich die 19-Jährige vor kurzem den Weg aus Hartz IV erkämpft und engagiert sich heute bei der Grünen Jugend gegen die umstrittene Sozialreform. Denn Kinder, die mit Hartz IV aufwachsen, haben niemals die gleichen Chancen wie andere Kinder - so ihre These. Deshalb fordert Sarah-Lee eine unabhängige Grundsicherung - einen festen Betrag für Kinder, damit alle die gleichen Möglichkeiten haben. Losgelöst von Hartz IV. Dafür geht sie auch auf die Straße.

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Tyra (10) aus Hamburg-Billstedt hat viel gekämpft, damit sie aufs Gymnasium gehen kann. © NDR/Simona Dürnberg

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